Seite:Drei Essays Oscar Wilde.pdf/77

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

zu entwickeln. Das Problem ist also: warum bekommt das Publikum nicht mehr Kultur? Es hat die Anlage. Was steht im Wege?

Was im Wege steht, noch einmal sei es gesagt, ist ihr Verlangen, über Künstler und Kunstwerke eine autoritäre Gewalt auszuüben. In manche Theater, wie das Lyceum- und das Haymarket-Theater, scheint das Publikum in geeigneter Verfassung zu kommen. In diesen beiden Theatern hat es individuelle Künstler gegeben, denen es gelungen ist, in ihrem Zuhörerkreis – jedes Londoner Theater hat seinen eigenen Zuhörerkreis – das Temperament zu erzeugen, an das die Kunst sich wendet. Was für ein Temperament ist das nun? Es ist das Temperament der Empfänglichkeit. Das ist alles.

Wenn jemand an ein Kunstwerk mit dem Verlangen herantritt, irgend eine autoritäre Gewalt darüber oder über den Künstler auszuüben, so ist er von einem Geist besessen, der ihn unfähig macht, überhaupt irgend welchen künstlerischen Eindruck zu empfangen. Das Kunstwerk

Empfohlene Zitierweise:
Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/77&oldid=- (Version vom 31.7.2018)