einer Sänfte darf sich der Europäer den gaffenden Hindus zeigen; wir besuchen die Stadt aber ganz auf unsere eigene Gefahr, denn kein einziger Europäer wohnt innerhalb der Stadtmauern, und nach einem Konsul würde man sich natürlich ebenfalls vergeblich umschauen. Werden uns von der fanatischen Menge die Knochen im Leibe zerbrochen, so zahlt uns niemand einen Pfennig Schmerzensgeld dafür!
Von fernher dringt das Brausen des Volkslärms aus der inneren Stadt. Indische Fuhrwerke aller Art, verhangene Ochsenwagen zur Beförderung von Frauen und ganz moderne Wägelchen englischer Herkunft rollen durch das Stadttor; auch eine Sänfte, ein Palankin oder Palki, begegnet uns. An dem großen weißen Namazeichen auf der Stirn des Mannes, der darin kauert, erkennen wir einen brahminischen vornehmen Hindu, der sich wohl geschwind aus der Stadt tragen läßt; weil er es vorzieht, sich draußen im Freien, etwa an den Ufern des nahen Hussein-Sagar-Teiches,[WS 1] seinen Curry-Reis auftischen zu lassen, statt im Innern seiner verriegelten Stadtwohnung, vor deren Tür bereits die brüllende Menge unter wütendem Anruf Hassans, Husseins und Mustapha Reimans[WS 2] in wüstem Takte die Brust zerschlägt.
Doch nun hinein in das Festgewühl des Bazars! Den Mittelpunkt der Stadt bildet der Palast Tschar Kaman[WS 3] mit vier Minarettürmen und vier Torbogen, unter denen sich die beiden Hauptstraßen der Stadt kreuzen; eine
große Moschee, die nach dem Vorbild der Kaaba zu Mekka gebaute Dschuma-Moschee,[WS 4]
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ WS: Hussein-Sagar-Teich: vergleiche Hussain Sagar (en)
- ↑ WS: Mustapha Reiman: konnte nicht identifiziert werden
- ↑ WS: Tschar Kaman: vergleiche Charminar
- ↑ WS: Dschuma-Moschee: vergleiche Mekka-Moschee, aber auch Kapitel 12
Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/159&oldid=- (Version vom 1.7.2018)
