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früheren Jahren viele Personen davor eine unüberwindliche Scheu, weil es hieß, daß sich in dem stets offenen Turme Leoparden und tolle Schakale[WS 1] zu verkriechen liebten; sind schon bei uns tolle Hunde keine harmlosen Tierchen, so können die in einzelnen Strichen Indiens häufigen tollen Schakale geradezu als Landplage gelten.

Ein Kaufmann und sein Schreiber.

So umfassend die Aussicht der Turmzinne über die endlosen Ruinenfelder des alten Delhi auch ist, so erweckt doch eine nahe am Kutub-Minar sieben Meter aus der Erde ragende und gleichfalls mit dem Reiz des Geheimnisses umgebene blanke, nie vom Rost zerfressene und wohl bereits 1800 Jahre alte Eisensäule[WS 2] in weit höherem Grade das Interesse der Besucher. Nach hergebrachter Ansicht sollte dieser Schaft nämlich bis zum Mittelpunkte der Erde hinabreichen und dort einem Drachen durchs Herz gebohrt sein; ein brahminischer Fürst, der die Richtigkeit dieser Sage prüfen wollte, habe, so berichtet die Sage, trotz des Abratens der Brahmanen, diese Säule aus der Erde graben lassen und dabei festgestellt, daß sie nicht tiefer in der Erde steckte, als sie darüber hinausragte, da aber des untere Ende blutrot gefärbt war, wurde dieser als Frevel aufgefaßten und allgemein mißbilligten Tat die Schuld an dem bald darauf erfolgenden Untergange des Fürsten und dem Siege der andringenden Mohammedaner zugeschrieben.

Im großen und ganzen bilden die Straßenbilder in Delhi sowohl wie in

Agra bei weitem nicht so reiche und fesselnde Figuren wie in der Radschputana.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: toller Schakal: vergleiche Tollwut, Goldschakal
  2. WS: Eisensäule: vergleiche Eiserne Säule
Empfohlene Zitierweise:
Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/206&oldid=- (Version vom 1.7.2018)