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Tempeldiener niederen Ranges in Hülle und Fülle, aber die Tore der geheimnisvollen „Nonns“ und „Tirthas“[WS 1], der Zufluchtsorte der im innersten Herzen indisch fühlenden und deshalb europäerfeindlichen, bald nur noch in Legenden vorkommenden Büßer aus den vornehmeren Klassen des Volkes bleiben ihm verschlossen.

Lingam- und Yoni-Idole mit opfernden Brahmanen.

Zu einer der allermerkwürdigsten Stellen dieser Art möchte ich den geneigten Leser führen. Das Kloster, in dem sich dieser Platz befindet, hat historische Bedeutung, denn hier verbarg sich — am Schlusse des achtzehnten Jahrhunderts — Tscheit Singh, der letzte unabhängige Radschah von Benares, auf der Flucht vor Warren Hastings, dem stahlharten, rücksichtslosesten Draufgänger der englisch-indischen Handelskompagnie, der mit einigen Dutzend auf ihre vorzügliche Bewaffnung vertrauenden englischen Abenteurern diesen unermeßlich reichen, weichherzigen Hindufürsten aus seinem Palaste vertrieb.

Hier inmitten dieser Schiwa-Idole, dieser alten, steinernen Lingamsäulen, die seine Brahmanen so oft in andächtigen Opfern mit Gangeswasser, mit Milch und geschmolzener Butter begossen hatten, wie es auf der Abbildung eben die mit heiliger Kuhdüngerasche bestäubten Büßer tun, deren nie beschnittenes Haar fast bis zu den Füßen hängt, inmitten all dieser Lingams, die er so häufig mit Jasminblüten bekränzt hatte, fühlte der fromme Hindufürst sich sicher;

er wußte, daß selbst ein Warren Hastings nicht wagen durfte, dem Verbot der

Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: Nonns und Tirthas: vergleiche Tirtha, Nonn konnte noch nicht identifiziert werden
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Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/231&oldid=- (Version vom 1.7.2018)