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daß ich das Bild in größter Schnelligkeit mittelst eines Augenblicksverschlusses machen mußte, was zwar für alle vom grellen Sonnenschein beleuchteten Teile genügte, für eine gründliche Lichteinwirkung der in tiefem Schatten liegenden Gegenstände jedoch nicht ausreichend war. Hätte ich sogenannte hochempfindliche Trockenplatten zur Verfügung gehabt, so wäre es trotz der Nähe der schattenreichen Gebäude ein gut durchgearbeitetes Momentbild geworden, aber durch ein, nun ich will sagen Versehen des Händlers, bei dem ich in Kalkutta die Platten gekauft hatte, waren mir „langsame Platten“ eingepackt worden, die man eigentlich nur zu Aufnahmen ruhiger Architekturen verwenden kann. Unter Anwendung ganz besonderer chemischer Kunstgriffe gelang es mir aber doch, noch ziemlich viel aus diesen ungeeigneten Platten herauszuholen.

Geheimkamera des Verfassers 1/12

Da es vielleicht die Amateurphotographen, sowohl Damen wie Herren interessiert, will ich bei dieser Gelegenheit noch etwas ausführlicher verraten, wie es bei solchen Reisen zugehen kann, wenn man gleich mir den Ehrgeiz hegt, seine Werke nicht mit fremden photographischen Federn zu schmücken. Wie auf allen außereuropäischen Reisen hatte ich, um ganz sicher zu gehen, auch diesmal einen beträchtlichen Vorrat ganz frischer Platten der vorzüglichsten Fabriken, jede Dutzendschachtel vorsorglich in eine Blechkapsel eingelötet, aus Deutschland mitgenommen und nebst meinen übrigen photographischen Ausrüstungskisten an einen Spediteur nach Genua vorausgesendet. Von besonderer Wichtigkeit war es mir stets, und muß es für jeden in solchen Ländern Photographierenden sein, jederzeit eine möglichst große Anzahl von in Doppelkassetten eingelegten Platten bei der Hand zu haben, da die zum Einlegen nötige Dunkelkammer nicht immer herzurichten ist; für wichtige Aufnahmen in größerem Format kommen selbstredend die Taschenkameras mit „bei Tageslicht auswechselbaren Filmspulen“ nicht in Betracht. So hatte ich denn zwanzig ansehnliche Doppelkassetten im Besitz und ebenso eine Geheimkamera, die ich unter Aufwand beträchtlicher Mühen und Kosten unter dem geschickten Beistande des Feinmechanikers Albrecht in Dresden für die „Reise ins verschlossene Land“ hergestellt hatte, da die von mir früher in Indien benutzte, ebenfalls von mir selbst in Form eines vollkommen unauffälligen Kastens gebaute Spiegelkamera den Mangel besaß, daß ich darin das Bild auf der Einstellscheibe nur bis zum Augenblick vor der Aufnahme, nicht aber auch noch während derselben beobachten konnte. Ich brachte deshalb in einem durch keinerlei blinkende Metallteile auffallenden Kasten in Gestalt einer Reisetasche zwei vollständig gleiche Kameras mit genau übereinstimmenden Objektiven unter, die beide gleichzeitig von derselben versteckten Triebschraube bewegt wurden, entsprechend

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Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/352&oldid=- (Version vom 4.7.2018)