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Tibeter ihre Wohnsitze haben, die während ihres Winteraufenthaltes in Nepal Katmandu besuchen wollen, um dort Goldkörner, Türkise, Achate, Rubine und andere edle Steine sowie heilkräftige Gebirgskräuter zu verhandeln, die sie in ihrer rauhen mineralreichen Hochlandsheimat oder während ihres Marsches durch das Gebirge zu sammeln pflegen. Der Hauptbestandteil ihrer auf Schafen beförderten Karawanenlasten ist jedoch das Kochsalz, das den Tibetern die gerechte und gütige Natur zum Ersatz der in ihrem Lande auf weite Strecken fehlenden Vegetation als Kristallschaum an den Rändern der Salzseen erblühen läßt. Auch die buschigen Schweife der tibetischen Grunzochsen[WS 1] und die aus ihrem Haare gewebten zähen Decken sind Handelsartikel, die aber im allgemeinen nicht für Geld, sondern gegen Getreide umgetauscht werden; dieses wird dann in die entleerten Salzsäcke verpackt und ebenfalls auf den Rücken von Schafen nach den angrenzenden Teilen Tibets geschafft, wenn die Tibeter mit Beginn des Sommers dorthin zurückkehren.

Tibeter mit Grunzochsen und Salz tragendem Packschaf.

Mein Marsch nach Buddhnath hätte mir, wäre ich mit tibetischen Eigenheiten nicht bereits vertraut gewesen, wie ein Ritt in romantisches Märchenland erscheinen müssen. Schon aus weitester Ferne starrten mir die Riesenaugen des Adi Buddha[WS 2] entgegen, dessen überlegen lächelndes Gesicht auf allen vier Wänden des schneeweiß getünchten viereckigen Turmes des Thoran[WS 3] angemalt ist, der auf den halbkugelförmigen tibetischen Schaitya-Tempeln aufgemauert zu sein pflegt. In Buddhnath hat diese ebenfalls weiß gestrichene Scheitya oder Scheit, wie man in Nepal statt des Sanskritausdruckes für Dagoba sagt, etwa

hundert Fuß im Durchmesser, und ihre Halbkugelform soll, wie alle diese

Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: Grunzochse: vergleiche Yak
  2. WS: Adi Buddha: vergleiche Adibuddha
  3. WS: Thoran: vergleiche Torana (?), gemeint ist der Stupa
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Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/372&oldid=- (Version vom 2.7.2018)