Seite:Durch Indien ins verschlossene Land Nepal.pdf/74

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Turmgerüst gelten ließ, auf dem ich nun hurtig emporturnte, während mir ein paar junge Zimmergesellen meine Apparatenkoffer nachtrugen.

Niederblick von der Plattform des Gerüstes auf den Festplatz;
der mit vier kleinen Sonnenschirmen geschmückte Thi befindet sich noch an dem unteren Ende der schiefen Ebene.

Schon auf halber Höhe holte ich den um den Prinzen von Siam gescharten Trupp ein. Angesichts des stetig zunehmenden lebhaften Schwankens des Stangengerüstes und des darunter brausenden Festgetümmels drohte den Prinzen ein Schwindelanfall zu übermannen, so daß er auf die weitere Ersteigung verzichten und umkehren mußte; hierbei möchte ich sogleich zugestehen, daß die mir zu teil gewordene Warnung vor der Besteigung keineswegs grundlos gewesen war, denn auch mir begann das bunte Gekribble in der Tiefe und das vom Wind geschaukelte bewimpelte Stangenwerk vor den Augen zu tanzen und sich umeinander zu drehen, wenn ich eine außergewöhnlich hohe Sprossenlücke zu übersteigen hatte oder wenn mir die als Geländer dienende Stange aus der Hand glitt. Von der Höhe aber dröhnte, rasselte und tutete mir dabei unausgesetzt ein wahrhaft nervenbetäubendes Hörnergeschmetter, Händegeklatsch und Trommelgewirbel entgegen, so daß mich nur die Befürchtung, eine Umkehr könne meinem deutschen Namen zum Schaden gereichen, davon abhielt, dem Beispiel des seekranken Prinzen zu folgen und behutsamst umzukehren. Schließlich stand ich jedoch wohlbehalten auf der für die Musikbande hergerichteten Plattform und winkte den gleich bunten Pünktchen in der Tiefe durcheinander kreisenden Zuschauern unter dem Toben der neben mir bearbeiteten Tamtams und seltsam geformten Pauken mit dem schwarzen Einstelltuch lustige Grüße hinunter, während sich meine Augen an dem krausen Niederblick und der unermeßlichen Aussicht auf die fernere Umgebung Mandales satt zu trinken bemühten.

Empfohlene Zitierweise:
Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/74&oldid=- (Version vom 1.7.2018)