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Läuterung des Willens

um Seine Gnaden zu gewähren und Wunder zu wirken....“ „Die Erfahrung zeigt uns, daß Gott manche Gnaden und Wunder gewöhnlich an Statuen knüpft, die nicht besonders schön geschnitzt sind...., damit die Gläubigen nichts davon .... der künstlerischen Form zuschreiben. Gar oft pflegt unser Herr diese Gnaden zu erweisen durch Bilder, die an einsam und ferngelegenen Orten verehrt werden, weil durch den Weg zu ihnen die Liebe wächst...., dann weil man sich vom Geräusch der Welt entfernt, um zu beten, wie der Herr es tat“. „Darum unternimmt man Wallfahrten am besten ohne große Gesellschaft. Geht man mit vielen zusammen, so kommt man „gewöhnlich zerstreuter zurück, als man fortgegangen ist“. „.... Wo Andacht und Glaube sich finden, da genügt jedes Bild; wo sie fehlen genügt keines. Welches Bild war wohl so lebendig wie unser Heiland auf Erden, und doch zogen jene, die nicht an Ihn glaubten, keinen Nutzen daraus, wenn sie mit Ihm umgingen und Seine Wunderwerke sahen“[1]. Doch selbst da, wo Andacht vorhanden ist, können sich aus dem Gebrauch der Bilder Gefahren ergeben. Der böse Feind benutzt sie gern, um unvorsichtige Seelen in seine Gewalt zu bringen, z.B. durch übernatürliche Erscheinungen, die er vortäuscht (daß Bilder anfangen, sich zu bewegen, Zeichen zu geben u.dgl.). Um allen Schädigungen zu entgehen, soll man in den Bildern „nur einen Beweggrund zur Liebe suchen und zur Freude .... an dem Lebendigen, das sie darstellen“. Mag ein Bild „sinnliche oder geistige Andacht erwecken oder selbst übernatürliche Zeichen .... geben“, die Seele „soll auf diese Nebensächlichkeiten nicht achten ...., sondern dem Bilde nur jene Verehrung erweisen, die dem Sinn der Kirche entspricht. Und dann erhebe sie ihr Gemüt zu dem, was es darstellt und richte die ganze Kraft und Freude des Willens auf Gott in frommem, innerlichem Gebet....“[2]

Die Anhänglichkeit an Bilder oder schön geschmückte Oratorien ist vielleicht noch gefährlicher als die an weltliche Dinge, weil man sich dabei sicher fühlt und keine Verfehlung fürchtet. Es gibt Menschen, die auf den Schmuck ihrer Beträume die ganze Zeit verwenden, „die sie im Gebet zu Gott und in innerer Sammlung zubringen sollten.... Diese Befriedigung ihrer Wünsche .... bringt sie jeden Augenblick in Unruhe, besonders wenn man ihnen diese Dinge nehmen will“[3]. Für Anfänger ist es wohl „nützlich und heilsam, eine gewisse sinnliche Freude und sinnliches Wohlgefallen an Bildern, Oratorien und anderen sichtbaren frommen Dingen zu finden“.


  1. a. a. O. B. III Kap. 35, E. Cr. I 376 f.
  2. a. a. O. B. III Kap. 36, E. Cr. I 379 f.
  3. a. a. O. B. III Kap. 37, E. Cr. I 381 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Edith Stein: Kreuzeswissenschaft. Editions Nauwelaerts, Louvain 1954, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Edith_Stein_-_Kreuzeswissenschaft.pdf/093&oldid=- (Version vom 3.8.2020)