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Passive Nacht des Geistes

es in den Besitz dessen, was es hofft.... Auf gleiche Weise entleert die Liebe alle Neigungen und Begierden des Willens von allem, was nicht Gott ist, und richtet sie auf Ihn allein.... Weil .... diese Tugenden die Aufgabe haben, die Seele von allem zu trennen, was weniger ist als Gott, so haben sie ihre Vereinigung mit Gott zur Folge“. So kann sie ohne das Gewand dieser drei Tugenden „unmöglich zur vollkommenen Liebe Gottes gelangen.... Es ist darum ein großes Glück für die Seele, wenn sie sich eine solche Kleidung erworben hat und beharrlich trägt, bis sie das erstrebte und ersehnte Ziel, die Liebesvereinigung, erreicht hat....“[1]

Nun ist es klar, daß es ein beseligendes Los für die Seele ist, ein so schwieriges Werk vollbracht zu haben: sie hat sich frei gemacht vom Teufel, von der Welt und ihrer eigenen Sinnlichkeit, hat die kostbare Freiheit des Geistes gewonnen, ist aus einer irdischen zu einer himmlischen Seele geworden und dahin gelangt, daß ihr Wandel im Himmel ist[2].


Im Dunkel und verborgen in tiefer Ruhe

Ein Glück war es auch, daß die Seele „im Dunkel und verborgen“ entweichen konnte: sie ist im Dunkel sicher vor allen arglistigen Plänen und Nachstellungen des Teufels gewandelt. Denn eingegossene Beschauung, wird ihr auf geheime Weise, ohne ihr Zutun mitgeteilt; alle Vermögen des sinnlichen Teils bleiben dabei im Dunkeln. Der Teufel aber kann nur mit Hilfe der sinnlichen Kräfte innewerden und verstehen, „was in der Seele ist und in ihr vorgeht. Je geistiger, innerlicher und erhabener über die sinnliche Erkenntnis darum eine Mitteilung ist, desto weniger gelangt der Teufel zu ihrem Verständnis. Darum ist für die Sicherheit der Seele ein derartiger innerer Verkehr mit Gott von höchster Bedeutung...., damit die Schwäche des sinnlichen Teils die Freiheit des Geistes nicht hindert und eine reichliche geistige Mitteilung ermöglicht wird“. Sodann wegen der Sicherheit vor dem bösen Feinde. Von dem, was im höheren Teil der Seele geschieht, soll der niedere nichts wissen; „es soll dies ein Geheimnis bleiben zwischen Gott und der Seele“.

Allerdings vermag der Teufel mittelbar auf innerliche und geistige Mitteilungen in der Seele zu schließen „aus der großen Ruhe und Stille, die manche von ihnen in den Sinnen und Kräften der Seele


  1. a. a. O. § 5 Kap. 21, E. Cr. II 119 ff.
  2. a. a. O. § 5 Kap. 22, E. Cr. II 123 f.
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Edith Stein: Kreuzeswissenschaft. Editions Nauwelaerts, Louvain 1954, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Edith_Stein_-_Kreuzeswissenschaft.pdf/131&oldid=- (Version vom 7.1.2019)