Seite:Edith Stein - Kreuzeswissenschaft.pdf/189

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sie Gott ihr Eigentum gibt und daß es dem unendlichen Sein Gottes entspricht.... Gott begnügt sich vollkommen mit dieser Gabe der Seele – mit Geringerem könnte Ihm nicht Genüge geschehen – und nimmt es von der Seele gern und wohlgefällig als etwas ihr Gehö­riges an.... In dieser Hingabe an Gott liebt Ihn die Seele in neuer Weise, und Er gibt sich aufs neue freigebig der Seele hin.... So ist zwischen Gott und der Seele wirklich eine gegenseitige Liebe begründet in der Gleichförmigkeit der Vereinigung und in ehelicher Hingabe, worin sie beide beider Gut, das göttliche Wesen, durch freiwillige Hingabe aneinander und durch Vereinigung miteinan­der besitzen.... Die Wahrnehmung, daß die Seele Gott mehr ge­ben kann, als sie in sich ist und vermag, da sie in solcher Freigebig­keit Gott als ihr Eigentum Ihm selbst schenkt...., bereitet ihr die größte Befriedigung und Freude.... Im andern Leben vollzieht sich das durch das Glorienlicht, in diesem Leben durch den vollkommen erleuchteten Glauben“. So spenden „des Sinnes abgrundtiefe Höh­len .... in Fülle sondergleichen Wärme und Licht vereint dem Ge­liebten“. Vereint – denn in der Seele teilen sich Vater, Sohn und Heiliger Geist vereint mit, und Sie sind für sie Licht und Liebes­feuer.

Die Liebe zwischen Gott und der Seele ist von ganz außerordent­licher Vollkommenheit, ebenso der Genuß, den sie darin findet, und die Lobpreisung und Danksagung, die sie Gott darbringt. „Die Seele liebt hier Gott nicht aus sich, sondern durch Gott selbst....: durch den Heiligen Geist, wie der Vater den Sohn liebt....“ Fer­ner liebt die Seele Gott in Gott: „in dieser ungestümen Vereinigung geht die Seele in der Liebe Gottes auf und auch Gott gibt sich der Seele in mächtigem Ungestüm hin“. Schließlich liebt „die Seele hier Gott um Seiner selbst willen. Sie liebt Ihn nicht bloß deshalb, weil Er gegen sie so mitteilsam, gütig und beseligend .... ist, sondern noch weit inniger, weil sie das alles wesenhaft in sich selbst ist“.

Auch der Genuß ist darum so erhaben, weil es ein Genuß Gottes durch Gott selbst ist. Denn die Seele ist hier dem Verstand nach ver­einigt mit der Allmacht, Weisheit und Güte Gottes; und wenn dies auch nicht in solcher Klarheit geschieht wie im andern Leben, so ist doch ihre Freude an all diesen deutlich erkannten Dingen über­aus groß. Ferner findet die Seele jetzt nur noch in Gott ihr Gefal­len, ohne daß irgend ein Geschöpf dazwischen tritt. Und sie ge­nießt Gott nur durch das, was Er selber ist, ohne Einmischung ei­genen Geschmackes.

Ihr Lob ist dadurch ausgezeichnet, daß sie es pflichtgemäß darbringt, weil sie erkennt, daß Gott sie zu Seinem Lobe erschaffen

Empfohlene Zitierweise:
Edith Stein: Kreuzeswissenschaft. Editions Nauwelaerts, Louvain 1954, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Edith_Stein_-_Kreuzeswissenschaft.pdf/189&oldid=- (Version vom 7.1.2019)