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GELEITWORT

Der Kreuzesstamm trägt in ewiger Blüte immer wieder neue Früchte. Denn das Kreuz Christi ist kraft seiner Wirksamkeit mehr als ein Zeichen: es ist Wahrzeichen. Es versinnbildlicht „die bräutliche Vereinigung der Seele mit Gott, dem Ziel, für das sie geschaffen ist, erkauft durch das Kreuz, vollzogen am Kreuz und für alle Ewigkeit mit dem Kreuz besiegelt“.

So ist die Kreuzeswissenschaft zu verstehen, die E. Stein, die ehemalige Schülerin und Assistentin des Schöpfers der Phänomenologie, E. Husserl, als letztes Vermächtnis hinterließ. Dem Vorbild des hl. Johannes folgend, nimmt auch sie das Kreuz auf, in dessen Zeichen sie die innere Gesetzmäßigkeit und höhere Bestimmung ihres eigenen Lebens erkennt. Und im Studium der Werke des hl. Vaters gelangt sie zur Konzeption des Begriffes Kreuzeswissenschaft in der zweifachen Bedeutung als Theologie des Kreuzes und als Kreuzesschule, d.h. Leben im Wahrzeichen des Kreuzes.

Das ganze Werk dient der Herausarbeitung dieser Idee, das dadurch eine tiefgehende Deutung der Kreuzeslehre, ein persönliches Bekenntnis und eine moderne Darstellung des hl. Johannes vom Kreuz wurde. Eine tiefgehende Deutung, da E. Stein, dem mächtigen religiösen Drang ihrer Seele gehorchend, den vom hl. Johannes beschriebenen Weg selbst gegangen ist; da sie unter dem Schleier der Karmelitin mit der Sprache des Ordensvaters vertraut wurde; da sie selbst eine große Denkerin ist, zugleich psychologische und pädagogische Erfahrung besitzt. Ein persönliches Bekenntnis, da hier nicht die Stimme der Ordenstradition spricht, sondern die eines Karmelkindes, das von seinem Standpunkt aus das Leben und die Lehre seines Vaters zu erklären versucht. Schwester Benedicta fügt an einer Stelle des Werkes selbst hinzu: „Es muß darum geprüft werden, ob es mit seiner Lehre im Einklang steht, ja sogar geeignet

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Edith Stein: Kreuzeswissenschaft. Editions Nauwelaerts, Louvain 1954, Seite VII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Edith_Stein_-_Kreuzeswissenschaft.pdf/308&oldid=- (Version vom 31.7.2018)