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Martin Heideggers Existentialphilosphie

Die ursprüngliche Zeit ist der letzte Grund, auf den das Seinsverständnis des Menschen zurückgeführt wird. Die Angewiesenheit auf das Seinsverständnis aber gründet in der Endlichkeit des Menschen. Darum wird die Frage nach der Endlichkeit als der Grundverfassung des menschlichen Seins zur Grundfrage der Grundlegung der Metaphysik. (Nur in diesem Sinn kann man die Anthropologie als Zentrum der Philosophie gelten lassen.)[1]

So sieht es Heidegger als wesentliche Aufgabe der Fundamentalontologie an „zu zeigen, inwiefern das Problem der Endlichkeit im Menschen und die hierdurch vorgezeichneten Untersuchungen notwendig zur Bewältigung der Seinsfrage gehören, ... es muß der Wesenszusammenhang zwischen dem Sein als solchem (nicht dem Seienden) und der Endlichkeit im Menschen ans Licht gebracht werden“[2].

Dieser Wesenszusammenhang wird darin gesehen, daß die „Seinsverfassung jedes Seienden... nur im Verstehen zugänglich wird, sofern dies den Charakter des Entwurfs hat“[3]. Mit der Transzendenz (oder dem In-der-Welt-sein) geschieht der... Entwurf des Seienden überhaupt...“[4] Dadurch, daß das Dasein des Seinsverständnisses bedarf, ist „dafür gesorgt, daß überhaupt so etwas wie Da-sein sein kann“. Die transzendentale Bedürftigkeit „ist die innerste, das Dasein tragende Endlichkeit“[5]. Und Sorge ist der Name für die strukturale Einheit der in sich endlichen Transzendenz des Daseins“.


Für die Kritik der Sorge und damit der gesamten Analytik des Daseins als Fundamentalontologie und Grundlegung der Metaphysik hat Heidegger selbst die Gesichtspunkte an die Hand gegeben: sie müsse „zeigen, daß die Transzendenz des Daseins und somit das Seinsverständnis nicht die innerste Endlichkeit im Menschen ist; sodann, daß die Begründung der Metaphysik überhaupt nicht diesen innersten Bezug zur Endlichkeit des Daseins hat, und schließlich, daß die Grundfrage der Grundlegung der Metaphysik nicht in dem


  1. a.a.O. S. 199 ff. und S. 210 ff.
  2. a.a.O. S. 212.
  3. a.a.O. S. 223.
  4. a.a.O. S. 225.
  5. a.a.O. S. 226.
Empfohlene Zitierweise:
Edith Stein: Martin Heideggers Existentialphilosophie. Editions Nauwelaerts, Louvain 1962, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Edith_Stein_-_Welt_und_Person.pdf/120&oldid=- (Version vom 31.7.2018)