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Walther Kabel: Ein Jenseits auf Erden (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 11)

vier Augen mit ihm. Daraufhin wurde der Verurteilte noch an demselben Tage heimlich nach der Küste geschafft, damit er auf einem englischen Dampfer Indien für immer verlassen konnte.

Der Resident gab nun seiner Polizeitruppe auf Grund der von dem Brahmanen erhaltenen Fingerzeige besondere Anweisungen. Damals – es war im Sommer 1879 – wütete in ganz Indien die Cholera in furchtbarster Weise. In Jaipur, das eine sehr gesunde Lage hat, waren jedoch bisher nur wenige Fälle dieser mörderischen Seuche vorgekommen. Da meldete einer der Polizeibeamten eines Tages dem Residenten, daß in einem der benachbarten Dörfer ein von der Cholera befallener Brahmane nach mehrtägigem Starrkrampf wieder zum Leben erwacht sei und sich offenbar auf dem Wege zur Besserung befinde. Sir Hislington ließ nun die Hütte dieses Brahmanen Tag und Nacht unauffällig bewachen.

Wochen vergingen, ohne daß etwas Besonderes geschah. Dann erschienen in dem Dorfe zwei fremde Brahmanen, die sich aber möglichst verborgen hielten. Nach zwei Tagen verließen sie den Ort wieder in Gesellschaft jenes inzwischen völlig von der Cholera Genesenen. Darauf hatte der Resident nur gewartet. Unter allen möglichen Vorsichtsmaßregeln nahm er in Begleitung von einigen gut bewaffneten Beamten die Verfolgung der drei Männer auf.

Die Tharrwüste gehört noch heute zu jenen Landstrichen, die nur selten der Fuß eines Europäers betritt. Es ist eine schaurige Einöde, in der dem von Felspartien durchzogenen Sande nur verkrüppelte, niedrige Sträucher und spärliches Gras entsprießen. Damals, als Sir Hislington, um endlich das Rätsel des „Tales der Toten“ zu lösen, der Spur jener drei Brahmanen folgte, war dieses ungeheure Gebiet noch völlig unerforscht.

Nach achttägigem Ritt, der mit den größten Strapazen und Entbehrungen, hauptsächlich infolge des steten Wassermangels, verbunden war, näherte man sich einem Gebirgsstock, der aus der Ebene wie ein riesiges Steinbauwerk herauswuchs. Bisher war es dem Residenten und seinen Leuten gelungen, sich vor

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Walther Kabel: Ein Jenseits auf Erden (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 11). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1912, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_Jenseits_auf_Erden.pdf/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)