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Walther Kabel: Ein Millionärsport. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 13, S. 220–223

Ein Millionärsport. – Ein gesetzwidriger, aber mit größtem Eifer betriebener Sport der amerikanischen Millionärinnen ist das Schmuggeln. Niemand bereitet an der Zollabfertigungsstelle in New York den Beamten so viel Ärger und Arbeit als gerade die reichsten der Yankeedamen, die auf die raffinierteste Art und durch stets neue Tricke die Zollbehörde zu hintergehen suchen. Dieser stete Kampf zwischen weiblicher Verschlagenheit und den wachsamen Zöllnern hat schließlich zu Maßnahmen geführt, die sich bei all ihrer Kostspieligkeit bisher als recht einträglich erwiesen haben. An allen europäischen Hafenplätzen, von denen die Ozeandampfer abgehen, unterhält nämlich die amerikanische Behörde eine Menge von Spionen unter der Maske von Hotelangestellten und Kommissionären, ebenso befinden sich auch unter dem Personal der Schiffe selbst stets einige Aufpasser, die darauf achtgeben, wie viel zollpflichtiges Gut die Reisenden mit sich führen. Nur auf diese Weise ist es möglich, dem Schmuggel, wie ihn die stets mit einem Berg von Riesenkoffern reisenden Millionärinnen betreiben, auf die Spur zu kommen. –

Vor kurzem hatte die Zollstation in New York davon Wind bekommen, daß Frau Webster, die Gattin eines vielfachen Millionärs und Besitzers großer Maschinenfabriken, in Brüssel einen Perlenschmuck von ungeheurem Wert erstanden hatte. Als der von Frau Webster benützte Dampfer in New York anlangte, erkundigten sich die Beamten daher teilnehmend, ob die Dame nicht auch den Perlenschmuck verzollen wolle. Sie besäße keinen derartigen Schmuck, erwiderte die elegante Frau; man solle nur ruhig ihr ganzes Gepäck durchstöbern.

Natürlich wurden die Perlen nicht gefunden.

Aber die Zöllner sind ebenso gründliche wie rücksichtslose Leute. Die Dame wurde in ein Zimmer geführt und mußte sich dort eine genaue Leibesuntersuchung gefallen lassen, die von einer älteren Frau vorgenommen ward. Der Perlenschmuck fand sich auch wirklich. Die Millionärin hatte ihn in ihrer hochgetürmten Frisur versteckt und sicherlich gehofft,

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Walther Kabel: Ein Millionärsport. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 13, S. 220–223. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1911, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_Million%C3%A4rsport.pdf/2&oldid=- (Version vom 31.7.2018)