Seite:Ein Millionärsport.pdf/4

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Walther Kabel: Ein Millionärsport. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 13, S. 220–223

der heimliche Raum existiere; wie die Pelzwaren hineingelangt seien, könne sie erst recht nicht angeben. Aber die Zollbeamten waren unhöflich genug, ihr dies Märchen nicht zu glauben. Man telegraphierte auf ihre Kosten nach Paris an das Koffergeschäft, und die Antwort fiel natürlich derart aus, daß nichts mehr die Millionärin von der Strafe wegen versuchter Zollhinterziehung retten konnte.

Ein anderes Mal wieder wurde der Zollbehörde in New York durch einen ihrer Spione hinterbracht, daß eine Frau Wenterley auf einer Auktion in Paris einen echten Rubens erstanden habe. Bei der Zollrevision aber war das Gemälde nirgends zu finden. Man suchte stundenlang, Frau Wenterley stand mit einem maliziösen Lächeln dabei und schaute ruhig zu, wie man ihr Gepäck stets aufs neue durchwühlte und die Koffer nach verborgenen Fächern abklopfte. Schon wollten die Beamten das Spiel aufgeben, als plötzlich einer von ihnen die siegesgewisse Dame bat, ihren modernen Riesenhut doch einmal abzunehmen. Frau Wenterley machte Ausflüchte. Es half aber nichts, der Hut wurde ihr abgenommen und untersucht. Der findige Beamte hatte auch das Richtige getroffen: in dem runden, 35 Zentimeter breiten Hutboden war unter dem Seidenfutter der Rubens fein säuberlich eingenäht. Erfolg: 18.000 Dollar Strafe.

Interessant ist auch der Fall Gardner. Frau Gardner gehört zu den vornehmsten Damen der Gesellschaft von Boston und ist eine eifrige Sammlerin von berühmten Gemälden. Der Zollbehörde fiel es auf, daß im Laufe weniger Monate eine ganze Anzahl von ziemlich wertlosen Gemälden für Frau Gardner eintraf. Man wußte, daß die Dame früher nur seltene alte Meister eingeführt hatte, und konnte sich die plötzliche Schwärmerei für derartige Dutzendware, wie sie jetzt stets von Frau Gardner verzollt wurde, nicht recht erklären. Eines Tages kam wieder eine Kiste an. Wieder enthielt sie ein Bild, das ein sachverständiger Beamter auf kaum 50 Dollar abschätzte. In dem Bureau der Zollbehörde besprach man nun abermals diese immerhin auffallenden Bildersendungen und beschloß dann, einen Agenten nach Boston zu senden, um nach

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Ein Millionärsport. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 13, S. 220–223. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1911, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_Million%C3%A4rsport.pdf/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)