Seite:Ein Reichsweisthum über die Wirkungen der Königswahl aus dem Jahre 1252.pdf/12

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Weisthum diese Gewalt bereits als eine Folge der Wahl eintreten lässt, so thut es damit einen erheblichen Schritt über das bisher geltende Recht hinaus. Wir würden aber irren, wenn wir diesem Weisthum eine erhebliche dauernde Wirkung beilegen wollten. Hervorgerufen durch die augenblicklichen Bedürfnisse der Politik König Wilhelms und des Papstes, als Reichsrecht verkündet, um dem Widerstreben der Reichsfürsten gegen die Lehnsnahme vom Könige den Boden zu entziehen, scheint es nach Erreichung dieses Zweckes bald in Vergessenheit gerathen zu sein. Der sogenannte Schwabenspiegel giebt c. 118 die Auffassung des Sachsenspiegels mit einer kleinen Modification wieder. Erst im Verlaufe des Streites zwischen Ludwig dem Bayern und der Kurie, zum Zweck der Bekämpfung massloser päpstlicher Ansprüche, wurde der 1252 aufgestellte Satz wieder aufgenommen oder wohl neu aufgestellt und in den Gesetzen und Schriften des Jahres 1338 zum Ausdruck gebracht. Ganz wie damals im Jahre 1252 zu Braunschweig stellte man jetzt zu Frankfurt im August 1338 im Gesetz ‚Licet iuris‘ und in der Denkschrift ‚Subscripta‘ den Satz auf, dass bereits durch die Königswahl die volle kaiserliche Gewalt übertragen werde, und dass die Kaiserkrönung nur den Kaisertitel hinzufüge. Die Uebereinstimmung ist eine so auffällige, dass man von vornherein geneigt ist, anzunehmen, die Redaktoren der Schriftstücke vom Jahre 1338 hätten von jenem älteren Weisthum Kenntnis gehabt. Doch dürfte das nicht der Fall sein. Sowohl die erwähnte Denkschrift ‚Subscripta‘ als auch Ludwigs Proklamation ‚Fidem catholicam‘ enthalten Glossencitate, nicht aber ein Citat jener Glosse des Hostiensis. Und wie gut würde ein solches Citat den Wünschen und Absichten der Verfasser entsprochen haben! Hätten sie es gekannt, sie hätten es sich gewiss nicht entgehen lassen. Wäre es doch ein schlagender Beweis dafür gewesen, dass ihre Behauptungen sich auf altes Herkommen gründeten. Merkwürdig ist es freilich, dass den gelehrten Canonisten in Ludwigs Umgebung jene Stelle des Hostiensis, die doch auch von Johannes Andreae benutzt war, unbekannt geblieben ist, zumal auch Lupold von Bebenburg sie bald darauf in seinem Tractatus de iuribus regni et imperii c. XI mehrfach verwerthet. Wir dürfen vielleicht darin einen neuen Beweis finden, dass Lupold an der Gesetzgebung von 1338, von deren Standpunkt er in jener Schrift ja auch erheblich abweicht, keinen Antheil hatte.