Seite:Ein Reichsweisthum über die Wirkungen der Königswahl aus dem Jahre 1252.pdf/9

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Vermuthung gründet sich auf einen Brief, den der Papst am 18. Juli an König Wilhelm richtete, in welchem er den König bittet, einen unehelichen Enkel des Markgrafen Azzo von Este zu legitimieren[1]. das Recht zu legitimieren hatte der Papst schon früher in Anspruch genommen und zuletzt noch eben diesem Enkel Azzo’s gegenüber am 9. Juli ausgeübt[2]. Das gleiche Recht aber hatte Friedrich II. geübt und als ausschliessliches Recht des Kaisers für das ganze Reichsgebiet in Anspruch genommen[3]. Wenn nun der Papst am 9. Juli jene Legitimation vornahm, ohne sofort ein ergänzendes Rescript des Königs zu erwirken, was er auch in früheren Fällen nicht gethan hatte, so möchte ich daraus schliessen, dass er damals dem Könige noch nicht das Recht, ein gültiges Legitimationsrescript für einen Italiener auszustellen, zuerkannte. Wenn er ein solches am 18. Juli dem Könige beimass und es offenbar zur Sicherung des Rechtes des Legitimierten für wünschenswerth hielt, dass die Legitimation durch den König wiederholt werde, so möchte ich das daraus erklären, dass er die Nachricht von der Zuweisung kaiserlicher Rechte an König Wilhelm inzwischen erhalten hatte.

Dürfte es nach alledem kaum zweifelhaft sein, dass unser Weisthum im Frühjahr 1252 gefunden wurde, so könnten allenfalls noch Zweifel darüber herrschen, ob der Vorgang wirklich schon zu Braunschweig und nicht etwa erst im April auf dem Tage zu Halle stattfand; denn wenn auch die Anwesenseit des Hostiensis zu Halle nicht ausdrücklich bezeugt ist, so ist sie doch in hohem Grade wahrscheinlich. Für die Ansetzung des Weisthums auf den 25. März zu Braunschweig spricht aber entscheidend erstens, dass auf jenem Tage, wie die Nachwahl durch den Sachsen und Brandenburger und der uns darüber erhaltene Bericht des Cardinallegaten erkennen lassen, über


  1. J. Ficker, Forschungen zur Reichs- und Rechtsgeschichte Italiens IV, n. 422 S. 433.
  2. J. Ficker a. a. O. n. 421 S. 432; vgl. auch E. Berger, Les registres d’Innocent IV., tom. III, 5693 vom 24. April 1252. Dieses Legitimationsrescript, dessen Nachweis ich Herrn Dr. Rauch verdanke und welches bei Kogler (s. folgende Anm.) noch nachzutragen ist, bezieht sich ebenso wie das vom 9. Juli auf ausserhalb des Patrimoniums gelegenes Gebiet. Der Papst scheint also während der Erledigung des Kaiserthums ein über sein Territorium hinausgehendes Legitimationsrecht geübt zu haben, auf welches er verzichtete, nachdem dem Könige die kaiserlichen Rechte zugesprochen waren. Vgl. auch Kogler S. 37 ff.
  3. Ueber das Legimationsrecht des Kaisers und Papstes vgl. Ferd. Kogler, Die legitimatio per rescriptum von Justinian bis zum Tode Karls IV., Weimar 1904.