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Walther Kabel: Ein berühmter Spionagefall. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 7, S. 203–208

Morgen sollte der übelzugerichtete „Triton“ dann zur genaueren Untersuchung in den Hafen von Portsmouth zurückgeschleppt werden, da seine eigene Dampfmaschine nicht mehr gebrauchsfähig war.

Während der Nacht lag das Versuchschiff wieder unter dem Schutze der Fregatten, die in weitem Bogen bis dicht an die Küste vor Anker gegangen waren. Dem „Triton“ am nächsten befand sich die Fregatte „India“. Kurz nach Mitternacht bemerkte die Steuerbordwache der „India“ ein Boot, das offenbar mit umwickelten Riemen lautlos auf den „Triton“ zusteuerte. Das Boot wurde angerufen, antwortete jedoch nicht, war auch schon im nächsten Augenblick hinter dem Versuchschiff verschwunden. Bevor dem Kapitän der „India“ Meldung erstattet und auf dessen Befehl dann ein Boot zu Wasser gelassen war, vergingen kostbare zehn Minuten. Inzwischen tauchte das geheimnisvolle Ruderboot noch einmal auf, verschwand aber bald in der Dunkelheit nach dem offenen Meere hin. Die sofort aufgenommene Verfolgung blieb ergebnislos. Es wurde nur festgestellt, daß ein unbekannter Dampfer sich dem englischen Geschwader mit abgeblendeten Lichtern bis auf zwei Seemeilen genähert und offenbar jenes Boot aufgenommen hatte. Am nächsten Morgen war weit und breit kein verdächtiges Fahrzeug mehr zu erblicken. Die Engländer beruhigten sich daher in der Hoffnung, den Versuch jenes fremden Dampfers, den „Triton“ zu besichtigen, völlig vereitelt zu haben.

Die Erfahrungen, die man durch die Beschießung des „Triton“ gesammelt hatte, wurden aufs strengste geheimgehalten und bei dem schon im Januar begonnenen Bau des ersten englischen Panzers „Warrior“, dessen Konstruktionspläne der Schiffsbauingenieur Watts entworfen hatte, praktisch verwertet. Da erschien zum Entsetzen ganz Englands genau einen Monat nach der Kiellegung des „Warrior“ in einer Pariser Fachzeitschrift für Schiffsbau ein Artikel, der bis ins kleinste über die Ergebnisse der Beschießung des „Triton“ berichtete. Es war darin sogar die Zahl der in den Batterien getöteten Schafe und die der zerstörten Geschütze genau angegeben.

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Ein berühmter Spionagefall. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 7, S. 203–208. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1912, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_ber%C3%BChmter_Spionagefall.pdf/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)