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Jonathan Swift übersetzt von Franz Kottenkamp: Ein bescheidener Vorschlag im Sinne von Nationalökonomen, wie Kinder armer Leute zum Wohle des Staates am Besten benutzt werden können.

um sich die Scham zu ersparen, ein Umstand, der Thränen und Mitleid in der wildesten und unmenschlichsten Brust erregen muß.

Die Seelenzahl in Irland wird jetzt (1722) auf anderthalb Millionen berechnet; unter diesen mag es ungefähr 200,000 Paare geben, wovon die Weiber Kinder werfen oder zur Zucht dienen; von dieser Zahl muß ich wohl 30,000 Paar abziehen, die ihre Kinder selbst ernähren können; ich besorge jedoch, daß die Zahl nicht so beträchtlich sein wird, denn die Noth ist gar zu groß; wird mir dies zugestanden, so bleiben 170,000 Paare zur Zucht übrig. 50,000 will ich auch noch für diejenigen Weiber abziehen, welche das Unglück einer Fehlgeburt erlitten, oder deren Kinder in Zeit eines Jahres durch Zufall oder Krankheit sterben sollten, alsdann würde die Summe der jährlich von armen Eltern geborenen Kinder 120,000 betragen. Nun ist aber die Frage, wie sollen dieselben aufgezogen und versorgt werden? Wie ich schon sagte, ist dies bei den gegenwärtigen schlimmen Zeiten mit den bis jetzt vorgeschlagenen Methoden durchaus unmöglich. Wir können sie weder in den Gewerben noch im Ackerbau beschäftigen; wir bauen keine Häuser (ich meine auf dem Lande), noch machen wir Ländereien urbar; die Kinder können selten einen Lebensunterhalt durch Stehlen sich hin und wieder erwerben, bis sie das sechste Jahr erreichen, ausgenommen, wenn das eine oder andere besondere Anlagen zeigt, ob ich gleich eingestehen muß, daß sie die Anfangsgründe dieses Gewerbes noch früher zu erlernen pflegen; während jener Zeit können sie aber höchstens als Anfänger zur Probe betrachtet werden, denn, wie mir ein sehr angesehener Herr bestimmt erklärte, findet man kaum ein bis

Empfohlene Zitierweise:
Jonathan Swift übersetzt von Franz Kottenkamp: Ein bescheidener Vorschlag im Sinne von Nationalökonomen, wie Kinder armer Leute zum Wohle des Staates am Besten benutzt werden können.. Scheible, Rieger & Sattler, Stuttgart 1844, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ein_bescheidener_Vorschlag-Swift-1844.djvu/3&oldid=- (Version vom 31.7.2018)