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Nein, eingeschläfert hast du diese Kräfte nur höchstpersönlich! Das war’s: Du dachtest nur immer an deine Vermögensverluste und nie an die Möglichkeit, sie wieder einzuholen und auszugleichen durch verdoppelte Tätigkeit! Mit einem Wort: Du hast dich selbst ausgeschaltet!!“

Onkel Anton starrte die hübsche Nichte erstaunt an. „Du, Lottchen, das ist mal komisch: Der Gart hat mir beinahe wörtlich dasselbe gesagt!!“

„Kein Wunder! Er kannte ja die Zustände hier zur Genüge!“ erklärte Lotte nur. Worauf der Onkel mit sehr langem Gesicht und unter verlegenem Hüsteln verschwand.

Von Stund an war er jedoch für immer kuriert: Er rasierte sich täglich, er arbeitete seine zehn Stunden am Zeichentisch, er pfiff dabei muntere Lieder und hatte sogar die Piesecke schriftlich gebeten, die Arbeit im Hause wieder aufzunehmen. Und die Piesecke war auch gekommen, hatte ihm zunächst zur Begrüßung ein paar saftige Grobheiten an den Kopf geworfen, und dann war der Friede wiederhergestellt.

Nach zwei Wochen hätte niemand in diesem neuen bienenfleißigen und so jung gewordenen Anton den Nörgler und Griesgram und von Mißtrauen erfüllten Anton von einst vermutet. Den Verlust der Goldstücke hatte er längst verschmerzt,

Empfohlene Zitierweise:
K. Walther: Eine alte Kommode. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1935, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eine_alte_Kommode.pdf/16&oldid=- (Version vom 31.7.2018)