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Walther Kabel: Eine unheimliche Gemäldesammlung. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 9, S. 230–232

„Das Bewußtsein, mit menschlichen Herzen einen so freventlichen Unfug getrieben zu haben, mag Olivier dem Irrsinn überantwortet haben. Das einmal erwachte Gewissen ist eine Folter, die schon größere Geister qualvoll zu Tode gemartert hat.“

Nach Oliviers plötzlichem Ende lagerten die sieben Bilder lange Zeit bei einem Pariser Kunsthändler, der sie von den Erben des Malers erworben hatte. Sie wurden auch Napoleon I. angeboten, dem man zugleich eine handschriftliche Erklärung Oliviers vorlegte, daß die zu den Gemälden benützte Farbe tatsächlich aus den zu Pulver zerriebenen Königsherzen gewonnen war. Napoleon besuchte daraufhin auch das Atelier des Kunsthändlers und betrachtete die Bilder lange Zeit sehr nachdenklich. Schon hoffte der Kunsthändler, Bonaparte würde sie käuflich erwerben; aber der Korse sagte nur mit einem verächtlichen Lächeln: „Schade, daß dieser Olivier nicht mehr lebt. Ich würde ihm den Respekt vor solchen Reliquien schon beibringen.“ Damit verließ er ohne Gruß das Atelier.

Zwei Jahre darauf kaufte der Londoner Großkaufmann Shephard die sieben Bilder und brachte sie nach London. Er behielt sie jedoch nur wenige Monate und veräußerte sie mit hohem Gewinn weiter. Nachdem sie noch mehrmals den Besitzer gewechselt hatten, erwarb der Herzog von Waverley sie im Jahre 1841 und verleibte sie seiner Gemäldegalerie ein.

W. K.
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Walther Kabel: Eine unheimliche Gemäldesammlung. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 9, S. 230–232. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1913, Seite 232. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eine_unheimliche_Gem%C3%A4ldesammlung.pdf/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)