Seite:Elektrische und Optische Erscheinungen (Lorentz) 090.jpg

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ab, dass man, wenn es sich um Sonnenstrahlen handelt, die Geschwindigkeitscomponente , von welcher die Aenderung der Schwingungszeit abhängt (§ 37), vernachlässigen darf. Versuche mit diesen Strahlen müssen demnach so ausfallen, als ob die Erde ruhte, die Sonne sich in der durch die Aberration veränderten Richtung befände und dabei Lichtarten von derselben Schwingungsdauer aussendete, wie in Wirklichkeit[1].

Hieraus folgt unmittelbar, dass man in der für eine bestimmte Fraunhofer’sche Linie gemessenen Ablenkung bei der Brechung in einem Prisma, oder der Diffraction durch ein Gitter, keinen Einfluss der Erdbewegung verspüren wird, dass es also keinen Unterschied machen kann, ob die Richtung des auf das Prisma oder das Gitter fallenden Lichtes diesen oder jenen Winkel mit der Translation der Erde bildet. Was die Gitterspectra betrifft, so wurde dieses Resultat durch die sorgfältigen Versuche des Hrn. Mascart[2] bestätigt. Dieser Physiker hat überdies durch besondere Experimente[3] nachgewiesen, dass bei den genannten Spectra die Ablenkung für eine bestimmte Fraunhofer’sche Linie vollkommen übereinstimmt mit der Ablenkung für die entsprechenden Strahlen einer terrestrischen Lichtquelle[4].




Bewegte Lichtquellen.

§ 63. Oben, im § 61, wurde der Himmelskörper als ruhend vorausgesetzt. Indessen gelangt man auch für einen sich bewegenden Körper zu einem einfachen Resultat. Wir wissen bereits (§ 36), dass die Normale zu den die Erde erreichenden Wellen auf den Ort P hinweist, wo sich die Lichtquelle befand


  1. Wir sehen hier ab von der Rotation der Sonne und den Bewegungen an ihrer Oberfläche, welche bekanntlich eine dem Doppler’schen Gesetze entsprechende Verschiebung der Spectrallinien verursachen. Bei den gleich zu erwähnenden Versuchen wurde mit dem Lichte der ganzen Sonnenscheibe gearbeitet.
  2. Mascart. Ann. de l’école normale, 2e sér., T. 1, pp. 166—170, und p. 190, 1872.
  3. Mascart. L. c., pp. 170 und 189.
  4. Bei den Versuchen mit Sonnenlicht kamen natürlich metallene Spiegel in Anwendung. Man sieht aber leicht ein, dass dies nichts an unseren Betrachtungen ändert (vgl. die Anm. 1 zu p. 89).