Seite:Epple keller 04.jpg

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ihn die Magd beinahe nicht mehr auf den Armen halten, – er riß die Person vorwärts bis zu dem Baßinstrument, dessen mächtige Töne ihm besonders zu gefallen schienen. So ergriff ihn auch in der Kirche der majestätische Ton der Orgel und die Harmonie des Gesangs.

Diese seine freudigen Äußerungen in Mienen und Geberden, wenn er Musik hörte, veranlaßten mich zu dem Entschluß, ihn frühzeitig in derselben zu unterrichten. Vorher aber nahm ich den Anschauungsunterricht mit Sprech- und Denkübungen mit ihm durch und ging zur Leselehre über. Er war damals in seinem 2. Jahr. Um nun einem so kleinen Kinde so praktisch wie möglich den Laut und die Namen der Laute beibringen zu können, kam ich auf folgenden Einfall. Ich schnitt aus einem Lautierbüchlein alle Buchstaben des Alphabets, kleine wie große, heraus, pappte solche auf gedörrte Zwetschgen, und sowie er den Laut und die Namen der aufgepappten Buchstaben angeben konnte, bekam er die Zwetschgen zu essen. Es war auffallend, wie schnell er nach dieser Zwetschgenmethode lesen lernte. In 2–3 Monaten las er alle aus ein- und zweisilbigen Wörtern bestehenden Sätze ohne Anstoß durch, und faßte auch den Sinn des Gelesenen leicht auf. In seinem 3. Jahr konnte er alle deutsch gedruckten Bücher fertig und

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Epple: Eduard Keller, Erinnerungen aus seiner Kindheit. Stuttgart: Kohlhammer 1904, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Epple_keller_04.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)