Seite:Epple keller 05.jpg

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deutlich lesen. Da er nun aber alles, was er lernen sollte, nur mittelst der Zwetschgen sich beibringen lassen wollte, so sagte ich ihm hierüber einmal: „Mit den Zwetschgen hat es nun ein Ende! Du mußt jetzt ohne dieselben weiter lesen und rechnen lernen, denn sieh! ich müßte ja eine Menge Büchlein zerschneiden, um genug Wörter und Ziffern zu bekommen, und das wäre zu arg, da jedes Büchlein Geld kostet.“ „Ei“, sagte er, „mach du nur mit meinen lieben guten Zwetschgen fort, denn wenn ich alle Buchstaben in meinem Bauch beisammen habe, dann drucke ich dir selbst ein Lautierbüchlein und du darfst dann dafür kein Geld mehr ausgeben.“ Ich mußte herzlich über diesen Einfall lachen und fragte ihn, woher er wisse, daß die Buchstaben gesetzt und gedruckt würden? Er erwiederte: „Der Joseph hat es mir gesagt.“ Dieser Joseph war sein zweitältester Bruder, welcher damals bei einem Buchdrucker in Gmünd in der Lehre war. Nach und nach gewöhnte ich ihm aber doch die Zwetschgen ab und er nahm täglich mehr und mehr zu in der Fertigkeit des Lesens, Kopfrechnens und Denkens. In seinem 4. Jahr fing ich mit dem Schreibunterricht bei ihm an, und bald konnte er sehr ordentlich schon auf Papier, lateinisch und deutsch schreiben. Ich wohnte in seinem elterlichen Haus und erteilte dort mehreren Zöglingen

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Epple: Eduard Keller, Erinnerungen aus seiner Kindheit. Stuttgart: Kohlhammer 1904, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Epple_keller_05.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)