Seite:Epple keller 06.jpg

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Unterricht im Klavier- und Guitarrespielen und Singen. Er sang meistens mit und ahmte das Spielen mit seinen kleinen Fingerchen auf dem Tische nach.

Am meisten aber zog ihn das Violinspiel an und er äffte, die Melodie summend, mit 2 kleinen Stöcken mein Geigen nach.

Ich selbst bin kein Geiger und getraute mir nicht, ihn diese Kunst zu lehren, doch wollte ich ihm jetzt schon die Kenntnis der Noten mit den ersten Vorübungen der Musik beibringen. Dieser Unterricht fand aber keinen Eingang bei ihm, da er lieber zu geigen begehrte, als die trockenen Noten zu lernen. Ich kam in nicht geringe Verlegenheit, da ich nirgends eine Geige ausfindig machen konnte, die für ein Kind von kaum 4½ Jahren passend gewesen wäre. Er sprach von nichts anderem als einem Geiglein und wollte sich nicht beschwichtigen lassen. Acht Tage lang versuchte ich ihn damit zu trösten, daß ich von fernher ein Geiglein bekommen werde. Während dieser Frist, die beinahe abgelaufen war, erzählte ich im Wirthshaus einem Freund, der zugleich ein Musikus war, meine Noth. Zu meinem freudigen Erstaunen theilte mir dieser mit, er besitze noch eine kleine Violine, die er vor einigen Jahren seinem verstorbenen Knaben von der Leipziger Messe zum Christgeschenk heimgebracht habe. Ich ging natürlich frohen Herzens

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Epple: Eduard Keller, Erinnerungen aus seiner Kindheit. Stuttgart: Kohlhammer 1904, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Epple_keller_06.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)