Seite:Epple keller 36.jpg

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Hofpersonal waren. Wir verneigten uns tief und legten unsere Noten auf. Ein Hofherr fragte mich, was der Kleine spielen werde, und ich erwiderte, daß wir außer dem in Quartett harranguierten Tankred von Rossini keine anderen Kompositionen hätten, weil wir auf der Reise seien und nicht geahnt hätten, welches Glück uns hier zu zu theil werden würde. Nach Beendigung der Ouverture lobte man den Kleinen sehr, und nach kurzer Pause wurde eine andere Nummer gespielt. Jetzt wurde verlangt, daß der Kleine auch etwas für sein Alter Passendes deklamieren sollte. Er entschied sich für ein Gedicht von Langbein: „Das Kinderspiel am Sabbath.“ Er trug es ungemein nett vor, ohne alle Unsicherheit und mit passendem Gebärdenspiel. Sowohl von Ihrer Majestät der Königin als auch von den Anwesenden wurde dem entzückten Kind rauschender Beifall gezollt, und Ihre Majestät befahlen, daß es vor sie geführt werden sollte. Die Königin saß auf einer Erhöhung an einem Spieltisch, auf welchem Karten lagen. Der Kleine stieg hinauf, neigte sich tief, nahm Ihre Majestät bei der Hand und sagte: „Guten Abend, Frau Königin! Aber Sie sind dick! Fast wie der gestorbene Herr König!“

Ihre Majestät und deren Umgebung lachten, und Allerhöchstdieselben fragten den Kleinen, ob er denn den verstorbenen König Friedrich gesehen habe? worauf er

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Epple: Eduard Keller, Erinnerungen aus seiner Kindheit. Stuttgart: Kohlhammer 1904, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Epple_keller_36.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)