Seite:Erinnerung an die Enthüllung des Gabelsberger-Denkmals 3.jpg

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Am 10. August 1890.

Aus einer Reihe trüber Tage
Voll Regenguß und Wetterschlag
Hebt sich wie eine holde Sage
Voll Zauber der Enthüllungstag;
In tiefer, wolkenloser Bläue,
Wie wir sie lange nicht gekannt,
Hat über diesem Fest der Treue
Das Himmelszelt sich ausgespannt.

Es war ein reiner, schöner Wille,
Es war ein Fühlen tief und zart,
Mit dem wir uns in heil‘ger Stille
Um unsres Meisters Grab geschaart.
Ringsum von Blüten ein Gedränge,
Und all der Blumen feiner Duft
Und windverwehte Glockenklänge
Erfüllten träumerisch die Luft.

Man dachte nicht an Todesschmerzen,
Als man vor diesem Grabe stand;
Kein Lüftchen rührte an der Kerzen
Gelassnen, stetig-stillen Brand,
Und Jeder fühlte nur den Frieden,
Den Frieden tief und wunderbar,
Der diesem hohen Geist beschieden
Nach Kampf und Müh‘ auf immerdar.

Das Herz erschloß die letzte Pforte,
Vergaß das eigne, arme Sein
Und ließ des treuen Jüngers[1] Worte
Wie eine Friedensbotschaft ein.
Im Auge die zerdrückten Thränen,
War milde er in jedem Wort –
Man mochte für Sekunden wähnen,
Der Meister selber stehe dort.

Was jemals wir von ihm gelesen,
Klang freundlich in der Seele nach;
Wir fühlten, daß er so gewesen,
Wie dieser greise Priester sprach.
So gab uns diese Weihestunde
Von jenem schlichten, großen Mann
Und seinem Wesen tief’re Kunde,
Als höchste Kunst sie geben kann.

Daß man zum Grab des Jüngers wandelt
Und daß derselbe Mund ihn preist,
Das war gedacht, gefühlt, gehandelt
So recht in seines Lehrers Geist,
Denn der im Leben allen Ehren
Für sich gewehrt mit Mund und Hand,
Der möchte steigern sie und mehren
Für Jeden, der ihm nahe stand.

Und so, das Herz erhoben, schreitet
Man von des Friedens stillem Ort
Durch Straßen stattlich ausgebreitet,
Zum Denkmal des Heroen fort.
Kaum faßt der weite Platz die Fülle
Der Harrenden von fern und nah,
Die formlos unter weißer Hülle
Des Todten Standbild ragen sah.

Von Kinderhand ein Blumenregen –
Und als die falt’ge Hülle sank,
Wie strahlte uns in Erz entgegen
Dein Ebenbild, der Schule Dank!
Ein frohes Hut – und Tücherschwenken,
Ein tausendfacher Jubelruf
Empfing das Bild, das dem Gedenken
Des Künstlers still ein Künstler schuf.

Vollbracht, erfüllt war Deine Sendung,
Als jäher Tod Dich stumm gemacht –
Doch Deines Lebenswerk’s Vollendung
Hat diese Feier erst gebracht.
Sie war, – und selbst die Gegner gönnen
Die Ehre Dir, die wir gewählt, –
Das Letzte, was wir geben können,
Das Einz’ge, was Dir noch gefehlt.

Du hast für uns geschafft in Schmerzen,
Die hohe, reine Stirn in Brand –
Dafür gehören Dir die Herzen
Der Jünger, nicht nur der Verstand,
Und dieses Herz, das bang geschlagen,
Wenn überblickt es Deine Bahn,
Hat endlich in den Münchner Tagen
Ein voll Genügen sich gethan.

Was wir in diesen Festesstunden
Gefühlverklärt und geistgeweiht
An Unaussprechlichem empfunden,
Das waltet fort für alle Zeit,
Das wird in weitesten Bezirken,
Entrückt dem Neide wie der Gunst
Des Zufalls, stetig weiter wirken
Zu Ehren Deiner, unsrer Kunst!


  1. Prior P.H.Gratzmüller.