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Gesetz ihre Hand ausstreckt? Sie kennt keine Schlaffheit, und so wenig ihr das zur Schande gereicht, so erbärmlich und schändlich ist es, wenn wir uns aus Feigheit vor ihr ducken.

Scharff: Ach, das ist Fanatismus – nimm mir’s nicht übel – das ist beschränkter, enggeistiger Fanatismus! Was sind einem bedeutenden Menschen denn diese Formalitäten. Er macht den Kram mit und glaubt, was er will.

Wolfgang (langsam, mit dem Kopfe nickend): Sososososo – also so sehen jetzt die bedeutenden Menschen aus! – Nun, dann will ich dir sagen – du weißt, daß ich ein friedliebender Mensch bin – aber lieber einen 30jähriger Krieg mit allem Blut und allen Thränen und aller lodernden Begeisterung als diese impotente, gewohnheitsfeige Blasiertheit der „bedeutenden“ Menschen.

Scharff: Ja ja, da haben wir’s, ein Fanatiker bist du!

Wolfgang: Mag ich denn ein Fanatiker sein! Wer ist mitten in rasender Schlacht nicht Fanatiker! – Und der Kampf um die Freiheit der Geister tobt unablässig.

Scharff: Aber wo bleibt denn da die Duldsamkeit; unduldsamer als du kann man doch nicht gut sein –

Wolfgang (flehentlich): Freund – ich bitte dich – in diesem Augenblick – mach’ mich nicht verrückt! Wen will ich denn vergewaltigen! Ich will ja nur ehrlich kämpfen! Aber mich – mich – mich peinigt man bis auf’s Blut –

Scharff: Die Schwester!


Empfohlene Zitierweise:
Otto Ernst: Die größte Sünde. Conrad Kloss, Hamburg 1895, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ernst_Die_groesste_Suende.djvu/82&oldid=- (Version vom 31.7.2018)