Seite:Erzählungen von Marie von Ebner-Eschenbach.djvu/378

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mit schüchterner Zärtlichkeit und ermahnte die Mutter: „So, so – laß ihn – er liebt das nicht – es ist genug –“ Er selbst erwiderte kurz die Umarmung seines Sohnes: „Da ist noch Jemand,“ sagte er und deutete auf ein blasses Kindchen, das der eben stattgefundenen Begrüßung mit bangem Erstaunen zugesehen hatte, und das sich nun vor dem fremden Manne hinter dem Thürflügel verkroch und die Augen scheu mit seinen blutlosen Händchen bedeckte.




In Jahren waren den Dienern des Hauses nicht so viele Befehle und Aufträge ertheilt worden, als in der ersten Stunde nach Pauls Ankunft. Die Gräfin hatte ihr Leben damit zugebracht, in seinen Zimmern von den Kissen des Lagers bis zu den Federn auf dem Schreibtische, alles zu seinem Empfange zu augenblicklicher Benutzung bereit zu halten; aber jetzt, wo er da war, in Wirklichkeit, er selbst und nicht nur ein Traum von ihm, jetzt schien es ihr, als sei nichts geschehen, als fehle es überall. Sie ging aus und ein, kaum zurückgekehrt besann sie sich, daß sie noch mit dem Haushofmeister, mit dem Koch zu sprechen habe, und abermals verließ sie das Gemach.

Ihr Mann folgte ihr besorgt mit den Augen; eine sichtliche Unruhe ergriff ihn, so oft sie von seiner Seite wich: „Sie wird sich ermüden, sich krank machen, aber ja, das sind die Mütter – Du mußt Geduld haben.“

Empfohlene Zitierweise:
Marie von Ebner-Eschenbach: Nach dem Tode. In: Erzählungen. Berlin: Gebrüder Paetel, 1893, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erz%C3%A4hlungen_von_Marie_von_Ebner-Eschenbach.djvu/378&oldid=- (Version vom 31.7.2018)