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thun, und daß vor Gott in der Regel groß, was vor den Menschen klein ist.

 2. Also bloß indirect (höre ich da im Stillen fragen) wollt ihr den bestehenden socialen Uebelständen entgegentreten? Wollt euch auch nicht sowol mit Abhilfe des bereits vorhandenen Jammers befaßen, als vielmehr mit Abwehr, daß desselben nur nicht noch mehr werde? Ja und nein, meine Freunde, wie Ihr wollt. Ja, wir wollen allerdings keinem Leidenden bloß leiblich helfen, sondern die leibliche Hilfe immer bloß den Schatten sein laßen unserer seelsorgerlichen Thätigkeit. Aber das sei ferne, daß wir mit unsern Bestrebungen bloß auf die Zukunft schauen, die Gegenwart aber darüber aus dem Gesichte verlieren wollten. Nein, wir wollen das Eine thun und das Andere nicht laßen und so gewissermaßen denen in Israel gleichen, die in der einen Hand die Waffen wider Saneballat hielten, mit der andern aber an den Mauern Jerusalems bauten. Wie könnten wir sie denn außer acht laßen, die Schaaren von Unglücklichen, die allenthalben in den verschiedensten Gestalten des Jammers unsern Blicken begegnen, so wir doch wißen, daß der Herr als Ihm gethan betrachten will, was wir der Geringsten Einem unter den Seinen thun? Aber eben darum, weil wir in jedem leidenden Glaubensgenoßen ein krankes Glied des Leibes sehen, daran Christus das Haupt ist, wollen wir in keiner andern, als in einer diesem Zusammenhange entsprechenden Weise Hilfe leisten; eben darum soll unser leibliches Wohlthun zugleich eine geistliche Arbeit sein.

 3. Wie fangt ihr’s denn aber an, fragt Ihr weiter, um diesen euren Gedanken im Leben zu verwirklichen? Und ich antworte: Auf die einfachste Weise von der Welt. Laßt mich’s an einem concreten Beispiele zeigen. Denken wir uns einen unserer Gesellschaft angehörigen Mann draußen auf dem Lande. Der sieht die Noth in verschiedenen Formen um sich her. Er möchte helfen, aber er weiß nicht, wie er’s machen soll. Da geht er mit einem betenden Herzen zu dem, an den er mit all

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Diverse: Fünf Festreden der Gesellschaft für innere Mission. Joh. Phil. Raw’sche Buchhandlung, Nürnberg 1850, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:F%C3%BCnf_Festreden_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_innere_Mission.pdf/52&oldid=- (Version vom 4.9.2016)