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 a. Da wir der Meinung sind, daß die socialen Nothstände unserer Zeit, wenn auch nicht ihren untersten, doch nächsten und Hauptgrund in dem Verfall des christlichen Familienlebens haben, so glauben wir auch dahin vorzugsweise unser Auge richten und zur Hebung und Förderung desselben das Mögliche thun zu müßen. Wir halten’s zu dem Ende vor allem für Pflicht, gegen Personen, die, ohne Eheleute zu sein, doch wie Eheleute zusammenleben, gleichviel ob unter einem Dache oder nicht, uns zu erheben, und dahin zu wirken, daß sie, einmal zusammengehörig, nicht sowol gewaltsam auseinandergetrieben, als vielmehr in einen geordneten Ehestand eingeführt werden, entweder so, daß ihnen durch Fürsprache, Unterstützung und Vertretung bei den treffenden Collegien die Erlaubnis zur Ansäßigmachung und Verehelichung innerhalb der Gemeinde erwirkt, oder, woferne triftige Gründe dagegen vorhanden sein sollten, ihnen, so oder so, im äußersten Falle durch Vermittelung der Gesellschaft, die Auswanderung an einen Ort hin, wo sie einen ehrlichen Hausstand begründen können, ermöglichet werde.

 b. Aber weil es mit dem Eintritte in den Ehestand an und für sich auch noch nicht gethan ist, sondern nur dann auf diesem Wege etwas gewonnen werden kann, wenn die Ehe nach Gottes Willen geführt wird, so sind wir zweitens zum Behufe der Anbahnung eines solchen normalen ehelichen Verhältnisses vorläufig dahin einig geworden, daß erstens jeder unserer Gesellschaft angehörige Pfarrer in einem gewissen Zeitraume eine Reihe von Predigten über das christliche Familienleben in seiner Gemeinde halten, diese Predigten dann einem eigens dazu bereits erwählten Comité überliefern und dieses Comité hinwiederum aus diesen Predigten die besten Stellen auswählen und als Zeugnisse für das christliche Familienleben zur Unterweisung für willige Gemüther veröffentlichen soll. Sodann soll von einem jeden Gliede unserer Gesellschaft zunächst in seinem eigenen Hause ein regelmäßiger, im Sinne unserer Kirche eingerichteter Familiengottesdienst, wozu, wie Ihr vernommen habt, in einem besonderen Tractate Anweisung gegeben werden wird, eingeführt, und, wenn dies geschehen und erprobt ist, der Versuch gemacht werden, diese löbliche Einrichtung auch in andere befreundete oder sonst zugängliche Häuser zu verpflanzen.

 c. Aber gibt’s nicht auch eine Menge von Leuten, die ganz und gar außerhalb des Familienlebens stehen? die heute da und morgen dort sind, die Jahr aus Jahr ein wandern, von einer Gemeinde zur andern, von einem Orte zum andern? Ist es nicht empörend, zu sehen oder zu erfahren, wie dergleichen Leute

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Diverse: Fünf Festreden der Gesellschaft für innere Mission. Joh. Phil. Raw’sche Buchhandlung, Nürnberg 1850, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:F%C3%BCnf_Festreden_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_innere_Mission.pdf/56&oldid=- (Version vom 4.9.2016)