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I. Ursprung der Märchen.

Die Frage nach dem Ursprung der Märchen hat den Märchenforschern viel Anlass zum Nachdenken gegeben. Was sind die Märchen, wo und wann sind sie entstanden, woher rührt das Vorkommen ähnlicher Märchen in verschiedenen Ländern?

Die Beantwortung dieser Fragen erschien denen besonders schwierig, die als die ersten die Märchen wissenschaftlich zu erforschen begannen, den deutschen Brüdern Grimm. Ihre ausführliche Kenntnis der Literatur und ihr tief- und weitgehender Blick erzeugten bei ihnen ganz andere Gedanken über die Märchen als diejenigen, die zu damaliger Zeit gang und gäbe waren und heute noch in dem Publikum vorherrschen, das der Entwicklung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit nicht folgt, den von ihr gewonnenen Ergebnissen fernsteht. Man hielt die Märchen „für wunderliche Erzählungen, wie sie sich Mütter und Wärterinnen erdenken, um damit die Kinder zu unterhalten. Es sind leichte, regellose Machwerke einer spielenden Einbildungskraft. Ein jeder kann dergleichen machen, welcher diese Kraft besitzt. Wenn sie aber gut erzählt werden, so können wohl auch Erwachsene daran Gefallen finden“. Mit diesen Worten hat im Jahre 1864 der Österreicher J. G. von Hahn[1] die populäre Auffassung geschildert.

Den Grund zur Märchenforschung legten die Brüder Grimm durch ihre bekannte Märchensammlung „Kinder- und


  1. Hahn v., J. G., Griechische und albanesische Märchen I (1864), Einleitung S. 1.
Empfohlene Zitierweise:
Antti Aarne: Leitfaden der vergleichenden Märchenforschung. Suomalaisen Tiedeakatemian Kustantama, Hamina 1913, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FFC13.djvu/5&oldid=- (Version vom 31.7.2018)