Seite:Faust II (Goethe) 108.jpg

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Aus höchstem Helden-, wohl aus Götterstamme.

Sie setzt den Fuß in das durchsichtige Helle;
Des edlen Körpers holde Lebensflamme

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Kühlt sich im schmiegsamen Krystall der Welle. –

Doch welch Getöse rasch bewegter Flügel,
Welch Sausen, Plätschern wühlt im glatten Spiegel?
Die Mädchen fliehn verschüchtert; doch allein
Die Königin sie blickt gelassen drein,

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Und sieht, mit stolzem, weiblichem Vergnügen,

Der Schwäne Fürsten ihrem Knie sich schmiegen,
Zudringlich zahm. Er scheint sich zu gewöhnen. –
Auf einmal aber steigt ein Dunst empor,
Und deckt mit dichtgewebtem Flor

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Die lieblichste von allen Scenen.


Mephistopheles.
Was du nicht alles zu erzählen hast!
So klein du bist, so groß bist du Phantast.
Ich sehe nichts –

Homunculus.
 Das glaub’ ich. Du aus Norden,
Im Nebelalter jung geworden,

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Im Wust von Ritterthum und Pfäfferey,

Wo wäre da dein Auge frei!
Im Düstern bist du nur zu Hause.
(Umherschauend.)
Verbräunt Gestein, bemodert, widrig,
Spitzbögig, schnörkelhaftest, niedrig! –

6930
Erwacht uns dieser, gibt es neue Noth,
Er bleibt gleich auf der Stelle todt.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Faust - Der Tragödie zweiter Teil. Tübingen 1832, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Faust_II_(Goethe)_108.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)