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„– Glücklichen Tag , mein Gordon!“

Der Lord nahm die Blüthe, steckte sie in sein Knopfloch, drückte dem Mädchen die Hand, warf dem jungen Gondoliere mit flüchtigem Gruße ein Geldstück hin, sprang aus, und verschwand in dem Pallaste.

„Nun, Angela! was hat er dir gesagt?“ frug neugierig Tita, und steckte den Kopf unter das Dach der Gondel.

„Nichts und doch Alles!“ erwiederte das Mädchen mit einem seltsamen kalten Lächeln, „ich fordere nicht mehr von ihm, er hat mich geliebt, und die Erinnerung daran genügt mir.“




In einem der hohen mit verbleichten Tapeten geschmückten Zimmer des Pallastes Mocenigo, saß vor einem schwerfälligen schnörkelreichen Schreibtische der junge Engländer. – Der helle Kerzenschein des vor ihm stehenden Armleuchters fiel auf ein Papierheft, das mit „Don Juan“ überschrieben. – Gordon stützte den linken Arm auf den Tisch, das Kinn in der Hand und starrte gegenüber an die halbdunkle Zimmerdecke. Das Schwellen der Ader auf des Lords von weichen Locken umringelter freien Stirne, das Funkeln der dunklen Augen verkündete, daß Gestalten und Bilder in immer deutlicheren Umrissen an ihm vorüber schwebten. – So saß er lange und regungslos, bis gleich heraufbeschworenen Geistern sie ihn alle umstanden in bunten wunderlichen Reizen, deren Schöpfer, Herr und Meister er war. – Begeistert

Empfohlene Zitierweise:
Mathilde Feldern-Rolf: Eine Orangenblüthe. In Commission bei Jacob Dirnböck., Wien 1844, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Feldern-Rolf_Orangenbluethe.pdf/6&oldid=- (Version vom 14.2.2021)