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sondern endlich außerhalb des jüdischen Landes unter den Heiden sich eine solche suchte und fand. Die Apostelgeschichte zerfällt demnach in zwei große Hälften, c. 2–12 zeigt, wie die Apostel Israels ihr Volk zum Glauben riefen, aber nur eine Auswahl ihrem Rufe gehorchte, während die jüdische Obrigkeit und von ihr geleitet auch das Volk die Apostel verfolgte, tötete oder zwang, das h. Land zu verlassen. Nicht weniger aber berichtet dieser Teil, wie der HErr inzwischen den Paulus zum Apostel für die Heiden auserwählte, und durch Petrus die israelitische Gemeinde darauf vorbereitete, daß auch die Heiden als solche Teil an der Kirche haben, ohne Juden zu werden. Dieser Ratschluß Gottes findet nun durch die Wirksamkeit des Paulus seine Verwirklichung. Die Darstellung der paulinischen Wirksamkeit umfaßt den zweiten Teil der Apostelgeschichte c. 1228. An dem Faden der verschiedenen Reisen des Apostels Paulus zeigt Lukas, wie auch das Israel der Zerstreuung das Evangelium nicht aufnahm, sondern seine Verkündiger verfolgte, während die Völkerwelt dem Evangelium Gehorsam leistete, bis dieses endlich selbst in der Welthauptstadt verkündet wurde. – Hier bricht Lukas ab, denn sein Zweck ist erreicht. Aus der Darstellung, wie er sie gibt, gewinnt der Leser die Überzeugung, es sei Gottes Ratschluß, daß auch die Heiden durch den Glauben an JEsum selig werden sollen, JEsus sei der Heiland der Welt und sein Evangelium solle allen angeeignet werden, die es glauben.

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 3. Man hat, mit der Darlegung dieses einfachen Sachverhalts sich nicht begnügend, der Ap.-Gesch. die verschiedensten Tendenzen unterschieben wollen. Sie soll z. B. eine Rechtfertigung der heidenmissionarischen Wirksamkeit des Ap. Paulus sein. Allein diese liegt in dem geschichtlichen Verlauf der Dinge selbst. Nach Ansicht der Tübinger Schule soll die Ap.-Gesch. ein Kompromiß zwischen der juden- und heidenchristlichen Richtung innerhalb der Kirche des 2. Jahrhunderts sein, weshalb Petrus in möglichster Annäherung an den paulinischen Standpunkt (Akt. 15, 10, 11), Paulus in möglichster Anbequemung an judäistische Vorurteile (Akt. 16, 5; 18, 18; 21, 24) dargestellt werde. Allein den späteren Gegensatz der juden- und heidenchristlichen Richtung in die apostolische Zeit zurückdatieren und auf eine Spannung zwischen Petrus und Paulus zurückführen