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Schrift über die Errettung Israels durch die Hasmonäer (160 v. Chr.) wurde dagegen nicht mehr in den Kanon aufgenommen, weil es damals keine Behörde gab, die dies mit gleicher Autorität hätte thun können, wie jenes ältere mit Simon dem Gerechten erloschene Synedrium.

 3. Den Inhalt des Buches Esther bildet die Erzählung von der wunderbaren Errettung der Juden von dem Mordanschlag des Haman durch Esther und Mordechai und dem großen Siege, den die Juden damals über ihre Feinde errangen. So wichtig erschien die Thatsache, daß Mordechai einen Bericht über dieselbe an alle jüdischen Gemeinden unter persischer Herrschaft sandte mit der Aufforderung, den 14. und 15. Adar zum Gedächtnis derselben als Freudentage zu feiern. Das Buch Esther aber sollte dazu dienen, allen kommenden Geschlechtern ein Denkmal dieser gnadenreichen Tage zu sein, und an dem Feste der Erinnerung derselben vorgelesen werden.

 Selbst die Juden, und zwar der talmudischen Überlieferung zufolge schon das Synedrium, welches die Schrift Mordechais kanonisieren sollte, sowie die Christen, ebenso die alte griechische Kirche – nahmen gerade an dem Anstoß, was im Buche Esther verherrlicht wird, nämlich an der Niedermetzelung der 75,000 Perser durch die racheentbrannten Juden. Aber es ist zu erwägen, daß wir es hier nicht mit einem Angriffs-, sondern mit einem Verteidigungskampf zu thun haben, der den Juden gestattet wurde, und der daraus erklärlich ist, daß die jüdischen Exulanten wegen ihrer Absonderlichkeit überaus verhaßt waren. Übrigens waren die damaligen Juden, besonders die im persischen Reiche, kriegerischer und tapferer, als die späteren. – Anstoß gab es ferner, und zwar ebenfalls schon im Synedrium, daß in dem Buche der israelitische Gottesname nicht vorkommt. Aber das wird aufgewogen dadurch, daß Mordechai die Esther auf ihre Führung durch Gott hinweist, und daß sie sich erst nach dreitägigem Gebete und dreitägiger Fürbitte ihrer Volksgenossen zum Könige wagt. Der fromme Verfasser hat den Namen Gottes wohl deshalb vermieden, weil er ihn vor der Entweihung sichern wollte, da ja das Buch zum Vorlesen bei den fröhlichen Festmahlzeiten bestimmt war.

 4. Inhaltsübersicht.

 Ein persischer König, Achaschverosch, wohl Xerxes, verstößt seine Gemahlin Vasthi, weil sie sich weigert, vor den Großen des Reiches und vor dem Volke von Susan zu erscheinen, um ihre Schönheit sehen zu lassen, und läßt ein Edikt ergehen, daß jeglicher Mann in seinem Hause Herr sein soll, d. h. daß die Frauen den Männern in allen Stücken unterthan sein müssen (c. 1). Hierauf erwählt der König aus den schönsten Jungfrauen, die aus dem Lande