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nach der Burg Susan gebracht und nach zwölfmonatlicher Reinigungszeit vor den König geführt worden waren, die Jüdin Esther, die Pflegetochter des Mordechai (2, 1–20). Auch Mordechai fand Gelegenheit, der Gunst des Königs sich zu empfehlen, indem er einen Mordanschlag gegen den König entdeckte und von demselben dem König durch Esther Nachricht gab, was auch in die Reichsannalen eingetragen ward (21–23).

 Darnach erhob der König einen gewissen Haman zum Obersten in seinem Reich, vor dem alle Knechte des Königs dessen Befehl gemäß sich beugen und niederwerfen mußten. Da aber Mordechai sich dazu nicht verstand, faßte Haman einen großen Grimm gegen ihn und sein Volk und bewog den König, indem er ihm für seine Schatzkammer 10,000 Talente Silber anbot, die der König jedoch ihm selbst überließ, ein Edikt in alle Provinzen des Königs ausgehen zu lassen, daß am 13. des Monats Adar alle Juden umgebracht und ihre Güter geplündert werden sollten (c. 3). Die Juden wehklagten, Mordechai kam in Sack und Asche mit kläglichem Geschrei vor die königliche Pforte und bat Esther, sich ihres Volkes bei dem König anzunehmen. Es war schwierig für sie, vor den König zu kommen, da sie schon seit dreißig Tagen nicht zu ihm gerufen war und ungerufen sich ihm nicht nahen durfte, doch auf Mordechais Rat stellte sie sich dem König in den Weg und erbittet sich, daß er den Tag mit Haman bei ihr speisen möge. Und als bei Tische der König sie von neuem nach ihrem Begehren fragt, so bittet sie noch einmal, daß er mit Haman zu ihr komme (4, 1–5, 8). Inzwischen wurde Haman von neuem erbittert über Mordechai, der an der Pforte des Königs vor ihm nicht aufstand und ließ auf Zureden seiner Frau einen 50 Ellen hohen Baum aufrichten, indem er den König am andern Morgen zu bereden dachte, Mordechai daran aufzuhängen (5, 9–14). In der Nacht aber hatte der König, der nicht schlafen konnte, sich aus den Reichsannalen vorlesen lassen, und war hier auf die Erzählung von dem früher durch Mordechai angegebenen und vereitelten Mordanschlag gegen seine Person gekommen. Da er hörte, daß dem Mordechai dafür nichts erwiesen worden sei, so fragte er Haman, der soeben kam, um des Königs Befehle zu Mordechais Aufhängung auszuwirken, was mit dem Manne zu thun sei, dessen Ehre der König beliebe. Haman, in der Meinung, der König denke an ihn, nannte die höchsten Ehrenerweisungen, die er denn auch alsbald an Mordechai zu seinem bittern Verdruß öffentlich ausführen lassen mußte (c. 6).

 Als Haman nun mit dem König bei der Esther speiste und der König Esther fragte, was sie begehrte, bat sie ihn, ihr und ihrem Volke das Leben zu schenken, und bezeichnete auf die weitere Frage des Königs den Haman als den, der ihnen das Unheil bereite. Als der König darauf sich einen Augenblick entfernte und bei seiner Rückkehr den Haman vor dem Polster der Esther knieend fand, indem er sie um sein Leben anflehte, ward er sehr erbittert und ließ ihn an dem Baum aufhängen, den Haman für Mordechai hatte aufrichten lassen (c. 7). Mordechai trat nun in Hamans Stelle ein, dessen ganze Familie dem Tode preisgegeben wurde, und erhielt die Vollmacht, mit des Königs Siegel