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sondern als Prüfungs- und Läuterungsleiden zur Ehre Gottes, zur Widerlegung des Anklägers, zur Verherrlichung des Frommen und seinem eigenen Besten zu betrachten sei. Hiob wird dargestellt, wie er seine Freunde, die sein Leiden für Strafe ausgeben, von seiner Unschuld zu überführen sucht, bis Gott endlich selbst erscheint und dem Streite dadurch ein Ende macht, daß er Hiob zwar demütigt, vor seinen Freunden aber rechtfertigt. Die Entwicklung des ganzen Wechselgesprächs beruht auf der entgegengesetzt falschen Anwendung, die beide Teile von einer gemeinsamen irrigen Anschauung machen. Leiden kann bloß als Strafe der Sünde angesehen werden, meint Hiob und da er sich als Gerechten weiß, kann er nur schließen, daß Gott willkürlich handle. Umgekehrt schließen die Freunde auf Grund desselben Satzes, daß, weil ja doch Gott nicht ungerecht handeln könne, Hiob ein Gottloser sein müsse; und diese Behauptung steigern sie, je mehr Hiob seinen Satz vertritt, bis zur offenbarsten Ungerechtigkeit gegen ihren unglücklichen Freund. – Je weniger nun Hiob bei seinen Nächsten Recht, geschweige Trost erlangen kann, umsomehr sieht er sich genötigt, – und damit vollzieht sich die merkwürdige Wendung in seiner inneren Stellung – zu dem einzigen Hort unschuldig Leidender zu fliehen, zu Gott; er durchbricht die Wolken, die ihm das gütige Angesicht seines Schöpfers verhüllen, mit der Kraft des Glaubens, der sich steigert bis zu jener berühmten Äußerung sieghafter Glaubenszuversicht in c. 19. – Nachdem er nun innerlich wieder festen Halt gewonnen hat, beginnt er seinerseits die Freunde anzugreifen, die schließlich verstummen müssen, so daß er gegen sie das Feld behauptet.

 Eine rätselhafte Erscheinung ist das Auftreten Elihus, da er vorher nicht genannt wird. Er bahnt aber mit seinen Reden die nachfolgende göttliche Entscheidung an, indem er Hiob wegen seiner Vermessenheit in Schranken weist, eine neue von den Freunden nicht gefundene Erklärung für Hiobs Leiden, welche sündliche Verschuldung ausschließt, anführt (c. 33) und endlich ihn vor sündlicher Vollendung seiner Frevelreden warnt. – Die geschichtliche Einleitung und der Schluß gehören notwendig zum Ganzen des Buches, und zwar so notwendig, daß ohne sie ein Verständnis des Ganzen unmöglich ist.