Seite:Ferdinand Wilhelm Weber - Kurzgefaßte Einleitung in die heiligen Schriften (11. Auflage).pdf/119

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 3. Der Verfasser des Buches ist unbekannt; dagegen läßt sich über die Abfassungszeit folgendes sagen: Die Tradition, wie sie im Talmud, in den Schriften der Rabbinen und der meisten Kirchenväter vorliegt, lautet dahin, daß das Buch von Mose und zwar vor der Gesetzgebung verfaßt sei, weil Moses Gesetz nirgends erwähnt, der allgemeine Gottesname und nicht der Name Jehova gebraucht wird, und die Gottesoffenbarung, die das Buch erzählt, die der Theophanie ist; und allerdings muß Hiob seiner reinen Gotteserkenntnis halber der patriarchalischen Zeit (cf. Melchisedek) angehören. – Die kunstvolle Form des Buches, die Fülle der Kenntnisse, das darin sich kundgebende Forschen nach den letzten Ursachen der Dinge läßt die Gelehrten unserer Tage an die Abfassung in den Zeiten Salomos denken. Wenn man aber erwägt, um wie viele Jahrhunderte die Gesänge Homers der Blüte griechischer Kultur vorauseilen, die doch so bestimmend auf dieselbe eingewirkt haben, wenn man sich erinnert an die Kriege der Sänger und die Kämpfe der Meistersinger, wenn man bedenkt, was noch heutzutage bei einfachsten Bildungsverhältnissen an Festhalten umfangreicher Überlieferungen (cf. Ratzel, Völkerkunde T. II Finnland) möglich ist, so wird man die Möglichkeit für nicht ausgeschlossen halten können, daß wir im Buch Hiob ein Erzeugnis ältester Zeit vor uns haben, zumal bei dem hohen Alter vorderasiatischer Kultur. – Jedenfalls aber muß die Überlieferung nicht bloß den geschichtlichen Teil, sondern nach c. 38, 2; 40, 3; 40, 3 u. 7 den Kern der Reden Hiobs und seiner Freunde umfaßt haben.

 4. Die sehr kunstvolle Anlage und Gliederung des Buches ist folgende:

 I. Die geschichtliche Einleitung c. 1–3.

 Der fromme Hiob wird unter Gottes Zulassung vom Satan erst seiner ganzen Habe beraubt (c. 1), dann mit Aussatz (vgl. 7, 5) geschlagen, hält aber dennoch fest an Gott, bis ihn das Schweigen der Freunde, die ihn trösten sollen (c. 2), zur Verwünschung des Tages seiner Geburt reizt (c. 3). Durch diesen Erguß Hiobs wird veranlaßt:

 II. Der Streit der Freunde mit Hiob über den Grund seiner Leiden c. 4–31.

1. Der erste Gang c. 4–14.

 Aus der Erhabenheit Gottes schließen die Freunde, daß die Leiden Hiobs von Gott nicht ohne gerechte Ursache, Hiob aber entnimmt aus ihr, daß sie willkürlich über ihn verhängt worden sind.