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von je zwei Dingen, deren eines besser ist als das andere (7, 1–9), dann drei mit gleichem Stichwort, aber ohne Vergleichung (7, 10. 11–12. 13–14). Das, worauf diese Spruchreihe abzielt, ist die Ermahnung zu gottesfürchtiger Freude innerhalb der engen Schranken dieses von Gott aus guten und bösen Tagen gestalteten und in die Finsternis des Todes verlaufenden Lebens. Auch diese Freude selbst aber wird beschränkt, indem ihr der tiefe Ernst des: Gedenk, daß du sterben mußt! (Memento mori) beigemischt und Kummer für sittlich bessernder als Lachen erklärt wird.

 Mit 7, 15 tritt das aus eigener Erfahrung redende Ich wieder in den Vordergrund, aber Ratschläge und Beobachtungen folgen auch hier einander ohne engeren Zusammenhang in aphoristischer Weise. Koheleth warnt vor Übertreibung nach der Seite des Guten sowohl, als des Bösen hin – der Gottesfürchtige weiß den Gefahren der Extreme zu entgehen (7, 15–18). Nichts gewährt stärkeren Schutz, als Weisheit, denn bei aller Gerechtigkeit thut der Mensch Fehltritte (7, 19–21). Du sollst nicht überall hinhorchen, um nicht Schlimmes über dich selbst zu hören – auch du selbst hast ja oft nicht glimpflicher dich über andere ausgesprochen (7, 22. 23). Er hat das alles erprobt, aber nichts hat er in seinem Streben nach Weisheit und seiner Beobachtung des Unterschieds von Weisheit und Thorheit gefährlicher gefunden, als die Schlingen des Weibes; unter 1000 Menschen hat er einen Mann, aber nicht ein Weib, wie es sein soll, gefunden; überhaupt hat er gefunden, daß Gott die Menschen gerade erschaffen, daß diese auf vielerlei raffinierte Nebenwege geraten sind (7, 24 ff.).

 Wie der Weise das Weib und überhaupt die Menschen durchschaut, so lehrt ihn die Weisheit auch Gehorsam gegen den König, dem er Treue geschworen, und unter despotischem Druck stilles Harren auf den Zeitpunkt richterlichen Eingreifens Gottes (8, 1–9). In Zeiten despotischer Herrschaft kommt es vor, daß Gottlose ehrlich begraben, Rechtschaffene vertrieben und vergessen werden (8, 10). Gottes Urteil läßt auf sich warten, um so geflissentlicher geben sich die Menschen dem Bösen hin; Gott ist gerecht, aber im Widerspruch mit seiner Gerechtigkeit geht es hienieden den Gerechten wie den Gottlosen, den Gottlosen wie den Gerechten (8, 11–14). Angesichts dieser Eitelkeiten ist es für den Menschen das Geratenste, zu essen und zu trinken und sich zu freuen, so wie es seine Mühsal während der von Gott beschiedenen Lebensdauer zuläßt (8, 15). Das ruhelose Treiben hienieden führt doch zu nichts, alles Mühen des Menschen, das Walten Gottes zu begreifen, ist vergeblich (8, 16 ff.). Denn bei näherer Betrachtung zeigt sich, daß auch die Gerechten mit all ihrem Thun von Gott bedingt sind und daß überhaupt der Mensch in nichts, auch in seinen Affekten nicht sein selbst ist. Und, was hienieden das Schlimmste von allem, weil es die Menschen zu böser, toller Ausnutzung des Lebens antreibt: Gerechte wie Ungerechte verfallen zuletzt gleichem Todesgeschick. – Es ist auch Gottes Wille an den Menschen, daß er dieses vergängliche Leben, ehe es in die Nacht des Todes (Hades) versinkt, in heiteren Genüssen und rüstigem Wirken verbringe