Seite:Ferdinand Wilhelm Weber - Kurzgefaßte Einleitung in die heiligen Schriften (11. Auflage).pdf/163

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

 Übrigens ist nicht für den ganzen zweiten Teil das Exil der Standort des Verfassers; c. 56, 8–57, 21 hat das Exil noch vor sich; in der Weise von Jerem. 3, 18 wird dort v. 8 der noch bevorstehende Untergang Judas angekündigt: Israel ist schon untergegangen.

 Man sagt, die Gedankenwelt des zweiten Teils sei eine andere als die des ersten. Soweit dies richtig ist, erklärt es sich aus den veränderten Verhältnissen; denn man wird doch nicht verlangen, daß der Prophet sich selber hätte wiederholen sollen. Im zweiten Teil tritt die Bezeichnung Israels als Knechtes des HErrn hervor. Der Prophet sieht in diesem Teil Israel unter der Botmäßigkeit der Heiden. Die Lage Israels legt ihm diese Bezeichnung nahe, womit er zugleich Trost und Mahnung gibt. Israel ist nicht der Heiden Knecht, sondern Gottes Diener und obwohl unter den Heiden, denselben doch nicht preisgegeben; ist ja auch sein Gott der König aller Könige; ihr mächtigster, Cyrus, ist auch nur Gottes Knecht. Israel Knecht Gottes ist eine Bezeichnung voll Trost, aber durchdrungen von Demut. Kein neuer Gedanke, er ist den Psalmen nicht fremd (vgl. Ps. 86), auch dem ersten Teil Jesajas nicht (vgl. c. 26, 13 oder 31, 9; wir finden ihn aber schon 3. B. Mos. 25, 42). – Der messianische König eignet dem Teil I; aber auch in II fehlt er nicht ganz, vgl. c. 55, 3–5. Umgekehrt tritt in II Zion bedeutsam hervor, in I weniger, aber es fehlt nicht ganz vgl. c. 10, 24; 28, 16; 33, 20). – Der Gedanke des ersten Teils „Der Rest wird sich bekehren“ 10, 20–22 scheint in II zunächst zu fehlen: aber es ist ja überhaupt nur ein Rest, an den der zweite Teil gerichtet ist (vgl. 46, 3); im 2. und 3. Abschnitt aber wird innerhalb des übrig gebliebenen Volks deutlich ein Rest, der gerettet wird, unterschieden (vgl. c. 66, 5).

 Die Wurzeln des zweiten Teils liegen schon in der Berufung des Propheten. Nach c. 6 soll die verstockende Wirkung der Predigt des Propheten nicht eher aufhören und eine Wendung zum Bessern im Geschick des Volkes nicht eher eintreten, als bis auch der letzte Rest aus dem Lande geführt sei. Der Prophet wird also angewiesen, vor allem diese Endthatsache ins Auge zu fassen. Das hinterlassene schriftliche Denkmal seiner Wirksamkeit entspricht der Besonderheit