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auch zwei Sammlungen national-religiöser Lieder und überhaupt Schriftdenkmäler, welche uns nicht erhalten geblieben sind, nämlich das Buch der Kriege des HErrn und das Buch des Frommen (vgl. Num. 21, 14. Jos. 10, 13).

 Eine lateinische Schrift über „Jeremia als Gewährsmann für alle älteren h. Schriften.“ (Jeremias vindex etc.) hat August Küper 1837 herausgegeben.


§ 4.

 Die Gesamtheit aller dieser Schriften nun nennen wir den Kanon, dessen einzelne Bestandteile, wie oben bemerkt, nur sehr allmählich im Laufe der heilsgeschichtlichen Entwickelung von Mose an bis zum Ausgang der Prophetie entstanden sind. Aber wer nun diese einzelnen Bestandteile zum Ganzen des Kanon zusammenfaßte, und warum er gerade diese und nur diese Schriften aufnahm, darüber ist uns etwas Sicheres nicht bekannt. Es finden sich zwar im A. T. Spuren einer auf die Sammlung der h. Schriften Israels gerichteten Thätigkeit, es ist auch zweifellos, daß Esra, der Schriftgelehrte und Reformator Israels, für die Sammlung der h. Schriften thätig gewesen; aber ob er oder die s. g. große Synagoge dieselbe zum Abschluß brachte, darüber fehlen verlässige Berichte.

 a. Die erste oder grundlegende Sammlung h. Schriften geschah durch Mose und die Ältesten, welche unmittelbar auf ihn folgten (vgl. § 25).

 b. Daß eine zweite Sammlung h. Schriften von Samuel ausgegangen und von seinen Schülern fortgesetzt worden sei, und zwar so, daß sie die Sammlung der ersten Propheten abschlossen und der Thora somit das Buch Josua, das Richterbuch mit Ruth und das erste Buch Samuelis bis Kap, 11, später noch den Schluß und das zweite Buch Samuelis hinzufügten, ist lediglich talmudische Überlieferung. Vgl. noch § 29, 2.

 c. Aus 2 Chron. 29, 25–30 schließen wir, daß in Hiskias Zeit die Psalmen Davids und Asafs für den Tempelkultus gesammelt und im Gebrauch waren. Sprüche 25, 1 heißt es, daß die „Männer des Hiskia“ Sprüche Salomos gesammelt haben. Ob diese Männer eine von Hiskia zum Zweck der Sammlung der h. Schriften niedergesetzten Kommission waren, mag dahingestellt bleiben, ist aber bei dem religiösen Interesse des Königs nicht unwahrscheinlich.

 d. Was den Abschluß der Sammlung heiliger Schriften betrifft, so ist uns von einem förmlichen Akte, durch welchen derselbe erfolgt wäre, nichts bekannt. Ja es ist ein solcher Akt gar nicht wahrscheinlich. Angenommen, Esra hat sich mit der Sammlung der h. Schriften seines Volkes beschäftigt, und zugegeben, daß niemand so wie er zu beurteilen vermochte, welche Schriften zu den heiligen zu rechnen seien, so wird ihm doch kaum der Abschluß des Kanons zugeschrieben werden dürfen. Esra konnte ja nicht wissen, daß nunmehr kein Prophet mehr auftreten werde. Es wird sich eben die Sammlung