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vom guten Hirten, vgl. Ez. c. 34, teilweise auch die Schilderung des Weltgerichts Matth. 25.

 4. Realität des Zukunftsbildes c. 40–48. Die Erfüllung der Weissagungen dieser Kapitel ist noch zu erwarten; sie hängt mit der zu erwartenden Wiederherstellung des Gemeinwesens des Volkes Israel zusammen. Die Weissagung bezieht sich nicht auf die Erbauung des 2. Tempels unter Serubabel. Ezechiel gibt dem Volk keinen Auftrag zu bauen, sondern er berichtet nur, was ihm gezeigt worden ist. Wie es zu diesem Tempel kommt, ist eine Frage, die er vollständig übergeht. Wir lesen daher auch nicht, daß sich Serubabel nach dieser Weissagung gerichtet habe. Ezechiels Tempel kann gar nicht mehr der A.T.lichen Zeit angehören, denn die Verordnungen, die er über seinen Dienst gibt, weichen vom mosaischen Gesetz ab. Dieser Umstand setzt eine Freiheit vom Gesetz voraus, wie sie erst durch Christum erworben ist (Matth. 5, 18). Freilich die blutigen Opfer in Ezechiel’s Tempel scheinen mit dem Opfertod Christi sich nicht zu vertragen. Indes so gut die Apostel noch am A.T.lichen Dienst teil genommen haben (Apostelgesch. 3, 1), selbst St. Paulus (c. 21, 24 bis 26, vergl. Num. 6, 13–21), ebensowohl kann es auch das erneuerte Volk Israel, sintemal der Opfergedanke in den Zerstreuten noch jetzt mächtig ist. So wenig nach Hebr. 10, 1-4 die A.T.lichen Opfer Sünden wirklich wegnehmen konnten, so wenig werden die künftigen Opfer diese Wirkung haben; sie werden aber an Sünde erinnern und rückwärts auf das vollbrachte Opfer weisen, wie die A.T.lichen Opfer vorwärts. Im A. T. haben wir leiblichen Dienst, in der Zeit der Kirche ist der Dienst Gottes geistiger Art, in der letzten Periode wird er geistleiblich sein. – Vergleiche übrigens Jes. 60–62. Jerem. 30–33 (z. B. 31, 4–6; v. 12; v. 38 etc.). Sach. 14, 16–21). – Übrigens hören wir in Ez. 40–48 weder von einem Hohenpriester noch von einem König. Der rechte Hohepriester und der König, der kommen sollte (21, 27) ist demnach zur Zeit jenes ezech. Tempels bereits erschienen. Vgl. die Schlußbemerkung pg. 210.

 5. Die Form des Vortrags ist teils ruhige Entwicklung, wie in c. 12–19, wo der Prophet gern an Sprichwörter anknüpft oder Gesetzesstellen auslegt, teils symbolische oder allegorische Darstellung. Letztere ist oft dunkel und schwierig; sie weist auf großartige