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bloß einen moralischen Mantel um. Im Priesterkodex erscheine diese Unterscheidung als von jeher bestehend (die doch erst geschichtlich geworden sei); darum sei er Erzeugnis einer späteren Zeit. – Nun hat aber der Abscheu des bekehrten Volkes gegen den ungesetzlichen Höhendienst nach der Rückkehr aus dem Exil doch nicht aufgehört. Wie war es nun möglich, daß der Priesterkodex neben den Zadokiden auch noch die Nachkommen Ithamars als Priester stellen konnte? Ja es kehrten sogar Nachkommen Ithamars als Priester aus dem Exil zurück, vgl. Esra 8, 2 mit Neh. 10, 6, und doch gab es solche damals nach Wellhausen gar nicht mehr, sondern tatsächlich nur noch Zadokiden. Dazu kommt noch, daß Maleachi c. 2, 4–8 Priester und Leviten wieder gleichsetzt. – Es ist weiter unmöglich, daß das Gesetz Israels, auch das im Levitikus stehende auf Ezechiels Anregung zurückgehe, aus dem Grund, weil der Prophet die Übertretung dieses Gesetzes als Ursache des Untergangs Jerusalems ansieht; also muß es vorhanden und bekannt gewesen sein. – Endlich ersieht man das Vorhandensein desselben aus solchen gelegentlichen Hindeutungen, wie c. 46, 17, wo er vom Freijahr als etwas Bekanntem redet; das Gesetz des Freijahrs steht aber Lev. 25; oder c. 44, 26, wo von der Weise der Reinigung bei Berührung eines Toten wie von einer bekannten Sache geredet wird; es steht aber dies Gesetz Num. 19, 1 etc.; oder 44, 24, wo von Rechtsordnungen die Rede ist, nach welchen die Priester urteilen sollten; also solche als vorhanden vorausgesetzt werden. Die Bestimmung 44, 18b mußte als mangelhaft erscheinen, es sei denn, daß Exod. 13, 17–21 bereits vorlag. – Demgemäß kann der sogenannte Priesterkodex nicht auf Grund von Ezechiels Bestimmungen entstanden sein.

 7. Inhaltsübersicht:

 Einleitung. Die Berufung Ezechiels c. 1–3.

 Im fünften Jahre seiner Gefangenschaft erscheint dem Propheten die Herrlichkeit des HErrn in einer großen von Feuerglanz durchleuchteten Wolke, welche ein Sturmwind von Norden hertreibt. Über den vier eigentümlich gestalteten Cherubim (4–14) sieht er den HErrn auf einem majestätischen Throne in menschenähnlicher Gestalt in der Glorie seiner richterlichen Majestät, aber auch seiner ewigen Bundesgnade thronen (15–28), eine Erscheinung, welche ihm für seine ganze prophetische Wirksamkeit die Heiligkeit und Gnade Gottes in der Erhaltung, Regierung und Vollendung seines Reiches tief ins Herz prägen soll. Noch voll von der Erscheinung empfängt der Prophet eine Sendung, welche den Zweck hat, die richterliche Majestät Jehovas dem Volke kund zu thun, denn er soll dem verstockten Hause Israel das Gericht verkündigen. Des zum Zeichen gibt ihm Gott einen Brief voll Wehe zu essen, denn was aus seinem Munde kommt, soll lauter Wehe sein (c. 2, 1–3, 3). Der HErr sagt dem Propheten Kraft zur Überwindung der Schwierigkeiten seines Berufes zu, versetzt ihn an den Ort seiner Wirksamkeit und übergibt ihm in einem Schlußwort das Wächteramt in Israel mit seiner hohen Verantwortung (3, 4–21).