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bürgt das Zeugnis Ezechiels, und dagegen, daß das Buch aus der Zeit des Antiochius stamme, spricht die Aufnahme in den Kanon, welcher zur Zeit des Antiochus längst abgeschlossen war (s. § 4), und dagegen, daß das Buch statt Wahrheit Dichtung enthalte, spricht die Thatsache, daß ein Dichtwerk schwerlich geeignet war, in schwerer Drangsalszeit dem Volke Gottes eine Stütze seines Glaubens zu bieten. Übrigens lassen sich die Einwände gegen die geschichtliche Auffassung, so gewichtig sie auch erscheinen, doch genügend widerlegen und es ist demnach kein zwingender Grund vorhanden, von der synagogalen und kirchlichen Überlieferung über das Buch Daniel abzuweichen. Die christliche Kirche aber wird von dem prophetischen Charakter des Buches Daniel um so weniger ablassen, als der HErr selbst (Matth. 24, 15) demselben sein Siegel aufgedrückt.

 Weitaus das wichtigste Bedenken gegen die geschichtliche Auffassung des Buches ist folgendes. „Es findet sich darin eine Bestimmtheit der Vorhersagung auch spezieller Begebenheiten einer ziemlich fernen Zukunft, wie wir sie in dem Grade bei keinem andren Propheten antreffen, besonders c. 10–12, wo die einzelnen Kämpfe der Ptolemäer und Seleuciden, zweier Herrscherfamilien über Reiche, die zu Daniels Zeiten noch gar nicht existierten, die vielmehr erst geraume Zeit später aus einer andern, gleichfalls noch nicht existierenden großen Monarchie hervorgegangen sind, geschildert werden, und zum Teil so genau, mit solchen Spezialitäten, daß man eher Geschichtserzählung als Weissagung zu lesen meint.“ – „Dazu kommt aber noch als besonders wichtig der Umstand, daß die spezielle Bestimmtheit der Vorhersagung hier gerade bis auf die Zeit des Antiochus Epiphanes geht, wo dieser syrische Fürst seine Tyrannei gegen das jüdische Volk übte, – indem die Weissagung entweder mit dem Untergange dieses Fürsten abbricht, oder daran unmittelbar die Verkündigung der Befreiung des Volkes Gottes von allen Bedrängnissen des messianischen Reiches und selbst der Auferstehung der Toten anschließt.“ Demgemäß haben wir, sagt man, in c. 7–12 (vgl. c. 2) keine eigentliche Weissagung, sondern vielmehr Geschichtserzählung, eingekleidet in die Form von Visionen, vor uns, und ihr Zweck wäre etwa der, aus der Geschichte nachzuweisen, daß so, wie die früheren Reiche und ihre Herrscher, auch Antiochus Epiphanes und seine Schreckensherrschaft plötzlich ein Ende nehmen werde.

 Also der Haupteinwand gegen die Echtheit des Buches Daniel ist der, daß Daniel zu spezielles von den Ptolemäern und Seleuciden, und insbesondere von Antiochus Epiphanes soll vorausverkündigt haben. Aber hiegegen ist zu erinnern: 1) an die Weissagung von dem König Josia 1 Kön. 13, 2 vergl. 2 Kön. 23, 16; 2) an die Weissagungen des Jesaja 7, 8; 20, 3. 4; 38, 4; 16, 14; 21, 16; 44, 28; 46, 1; 3) die des Jeremia 25, 11; 29, 10; 4) die des Ezechiel