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in 7 + 62 + 1 Woche zerfällt. Von dem Zeitpunkt an, da der Befehl ausgeht, Jerusalem zu bauen (der im 20. Jahr des Artaxerxes Longimanus vgl. Nehem. 2, 1 etc. erging), bis auf Christum, den Fürsten, eine Zeit von 7 + 62 Jahrwochen hindurch, wird Jerusalem gebaut werden, obwohl unter Bedrängnis. – (Der Zeitraum von Erlaß des Befehls bis Christus wird zerlegt; die 7 ersten Jahrwochen dürften die Zeit Nehemias und Esras bezeichnen, mit deren Wirksamkeit die Zeit der Wiederherstellung der nachexilischen Gemeinde abschloß. Das Hervortreten aber des HErrn als des Königs über Israel geschah am Palmsonntag; dies war der entscheidende Tag cf. Luk. 19, 42 etc. Das 20. Jahr des Artaxerxes ist nach der chronolog. Tafel des 150 nach Chr. lebenden Astronomen Ptolemäus das Jahr 445. Nehmen wir eine 3jährige Wirksamkeit des HErrn an, so ist er nach Luk. 3, 1 im 18. Jahr des Kaisers Tiberius gestorben d. h. im Jahre 32 nach Chr. 445 + 32 = 477, also bloß um 6 Jahre weniger, als nach Daniel zu berechnen wäre; denn 7 × 69 = 483. Es steht übrigens nicht unzweifelhaft fest, daß Artaxerxes erst 465 angefangen habe zu regieren und nicht schon früher nämlich 475 – die Gründe für beide Annahmen halten sich die Wage – während andererseits von latein. Kirchenvätern behauptet wird, der HErr sei im 15. Jahr des Tiberius gestorben. Auch bei den herkömmlichen Annahmen trifft Daniels Angabe mit der üblichen Datierung der Erscheinung des HErrn auffallend nahe zusammen. Wenn aber die beiden abweichenden Daten (475 Anfang der Regierung des Artaxerxes, 15. Jahr des Tiberius Tod des HErrn) richtig sind, so trifft die Rechnung der Weissagung und die der Geschichte unmittelbar zusammen. – In der That hat man um die Zeit der Erscheinung des HErrn die Geburt des HErrn in absehbarer Zeit erwartet (Luk. 2, 26: dem Simeon war eine Antwort geworden etc.); dies erklärt sich, wenn für die Erscheinung des HErrn eine Zeitbestimmung vorlag, wie wir sie in Daniel nach Vorgang von Jeremia 25 haben). – Aber Christus tritt nur hervor, um gewaltsam beseitigt zu werden; auch kein Rest von Anhängerschaft bleibt ihm innerhalb des Volks. So ist dasselbe ein alles geistlich Guten entleertes Gemeinwesen, das der Zerstörung anheimfällt. Ein Volk eines Fürsten, der kommen wird (d. h. die Heere der röm. Weltmacht), wird Stadt und Heiligtum zerstören (2. Zerstörung durch Titus 70 n. Chr.); eine Periode der Kriegsnot und Verwüstung beginnt (Luk. 21, 24).

 Mit v. 27 kommt Daniel auf die 70. Woche. Der v. 26 als kommend erwähnte Fürst wird die Masse zu einem festen Bund mit sich zusammenschließen, die Hälfte der Woche hindurch wird er Opfer und Speisopfer aufhören machen vgl. c. 7, 25; getragen von Gräuelmacht wird er als Verwüster schalten und sein Verwüsten wird dauern bis zum festgesetzten Ende. (Es ist der aus dem röm. Reich hervorgehende Antichrist, dessen Thun hier kurz geschildert wird. Nähere Ausführung c. 11, 36 etc.)

 4. Gesicht Daniels aus dem dritten Jahre des persischen Königs Cyrus, am Tigris. Nach dreiwöchentlichem Trauerfasten erhält Daniel wieder durch Vermittlung des Engels Gabriel Unterweisung über den weiteren Fortgang der