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ohne Zögern Folge, ging nach Ninive und kündigte ihr den Untergang an. – Die Niniviten thaten auf seine Predigt Buße und wendeten durch sie den Zorn Gottes ab (3, 1–10). Über diese Langmut Gottes ward aber Jona höchst unmutig, also daß ihn der HErr mit dem Wort strafte: Ist’s recht, daß du dich so entrüstest (4, 1–4)? Darnach lehrte der HErr den Propheten auch mit der That, daß er nicht recht thue, mit Gott um sein Erbarmen über Ninive zu hadern. Den Jona reuet der Kikajon (nach jüdischer Tradition eine Ricinusstaude), der ihm seinen Schatten gab, an welchem er doch gar nichts gethan hatte, und der auch so vergänglich ist, und den HErrn sollte eine Stadt wie Ninive mit 12 Myriaden Menschen, welche nicht zwischen rechts und links zu unterscheiden wissen, und so vielen Tieren, nicht gereuen (4, 5–11)?


§ 48.
4. Amos.

 1. Amos („Last“), ein sonst bekannter Hirte aus Thekoa, der Sage nach aus dem Stamme Ascher. Arm und ohne Vorbildung zum prophetischen Amte (7, 14. 15), wurde er laut 7, 10 ff. zur Zeit des Jerobeam II. und Usia, näher in der Zeit zwischen 810 und 783, und zwar nach Am. 1, 1 zwei Jahre vor dem usijanischen Erdbeben, nach Bethel, dem Mittelpunkt des Kälberdienstes, entsendet, um dort das Gericht des HErrn zu verkündigen.

 2. Zu seiner Zeit stand Samaria obenan; durch die Siege von Joas und Jerobeam II. war das Reich Israel in seinem ganzen Umfang wiederhergestellt worden, Juda aber hatte durch Joas eine schwere Demütigung erlitten (2 Kge. 14, 8–14). Dennoch hat das stolze Reich Israel keine Zukunft; es wird um seiner Sünden und Unbußfertigkeit willen untergehen; die Hoffnung des Volkes Gottes hängt an dem jetzt freilich erniedrigten ursprünglichen Königsgeschlecht. Mit der Wiederaufrichtung der zerfallenen Hütte Davids ist auch ein Wiederaufleben des Volkes verbunden zu wunderbarem und nie mehr gestörtem Glück. Dies dem Zehnstämmereich, welches unter Jerobeam II. durch sein Glück so sicher geworden, anzukündigen und zu bezeugen, ist der Zweck der Sendung unseres Propheten. – Amos, der Hirt, selber aus der ärmeren Bevölkerung, hat ein scharfes Auge für die besonderen Schäden, die er strafen soll: das gottvergessene Wohlleben der Mächtigen, die Unterdrückung der Armen; auf die religiöse Verirrung Israels kommt er mehr gelegentlich zu sprechen; er will indes weder von Israels Gottesdienst,