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noch von seinen heiligen Orten etwas wissen. – In seinen Reden zeigt er die objektive Haltung eines kräftigen Mannes aus dem Volk mit zurücktretendem Empfindungsleben, darin sehr unterschieden von Hosea, seinem späteren Zeitgenossen. In den Bildern, die er braucht, verleugnet er seinen Stand nicht vgl. z. B. c. 3, 12, erhebt sich aber von dem äußerlich beschränkten Gesichtskreis desselben aus zu großartigen Anschauungen. Er hat den Propheten Joël zur Voraussetzung (c. 5, 18); mit seiner Gerichtsankündigung für sämtliche im Kreis um Israel liegende Heidenvölker ist er Vorgänger der späteren Propheten. Eigentümlich ist ihm die ergreifende Weissagung einer künftigen geistlichen Teuerung. – Im neuen Testament erinnert an ihn besonders der Jakobusbrief, soweit dieser die Sache der Armen gegen ihre Unterdrücker führt, so ist es auch wohl nicht zufällig, daß gerade Jakobus unsern Propheten zitiert, Apostelgesch. c. 15, 15 etc.; mit welchem Zitat zugleich der messianische Gehalt desselben ans Licht gestellt wird.

 3. Den Anlaß zur Aufzeichnung seiner Reden gab dem Amos jenes Erdbeben unter Usia (vgl. 1, 1). Er sah in diesem einen Vorboten des großen Gerichtes Gottes über sein Volk und alle Völker der Erde. Das Charakteristische seiner Weissagung bezeichnet schon die jüdische Tradition als Strafandrohung über das Zehnstämmereich. Seine Schrift sollte, was er verkündigt, bleibend machen, damit das Volk dadurch zur Buße und zur Bereitschaft für den Tag des HErrn erweckt würde.

 4. Der Inhalt des Buches zerfällt in drei Hauptteile:

 Titel und Überschrift des Buches (1, 1).

 I. Das Gericht über Israel (Einleitung) 1, 2–2, 16.

 Des HErrn Gericht steht gewiß vor der Thür: dies anzudeuten, läßt der Prophet vor unsern Augen ein Wetter aufsteigen und über einem Volke nach dem andern sich entladen, bis es über dem Zehnstämmereich stille steht. Und zwar trifft es drei fremde Völker: die Syrer für ihre früher begangene unerhörte Grausamkeit an den Gileaditen, welche sie unter eisernen Dreschwalzen zerfleischten und zermalmten, vgl. 2 Kön 10, 32 ff. und 13, 7, dazu 2 Sam. 12, 31 (3–5): die Philister und Phönizier, welche judäische Gefangene an Edom überlieferten, damit sie diese weiter beförderten an Sklavenhändler aus Südarabien, vgl. Joël 4, 3 ff.; 2 Chr. 21, 16 ff.; Obadja (6–10); dann vier verwandte: die Edomiter wegen ihrer unversöhnlichen Feindschaft mit dem Brudervolk Juda, zuletzt bewiesen bei der Eroberung Jerusalems (2 Chr. 21,