Seite:Ferdinand Wilhelm Weber - Kurzgefaßte Einleitung in die heiligen Schriften (11. Auflage).pdf/256

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Als dann Hiskia zur Regierung kam, konnte er nur schwer durchdringen mit seiner Reformation. Insonderheit mangelte es aber an der Besserung der inneren Verhältnisse, die Gewaltigen mißbrauchten ihre Macht zur Selbstbereicherung und Unterdrückung, den Inhabern der verschiedenen Ämter war in der Ausrichtung derselben nicht des Volkes Wohl, sondern der eigene Vorteil das oberste Gesetz; von einem göttlichen Gericht, das durch solches Treiben herausgefordert wurde, wollte man nichts wissen; man sei ja Gottes Volk. – Das Zehnstämmereich hinwiederum beharrte trotz des mannigfachen inneren und äußeren Unglücks, das nach dem Untergang der Dynastie Jehus über dasselbe gekommen war, in seiner Unbußfertigkeit. Deshalb wird – so weissagt der Prophet – Samaria untergehen; aber auch Jerusalem ist in den Augen des HErrn nicht die erwählte, sondern die schlimmste der ungesetzlichen Kultusstätten Judas; darum wird der Tempelberg zur wilden Höhe werden. Das Volk Jerusalems aber muß in die Gefangenschaft. Dortselbst muß das Volk des HErrn erst die äußerste Drangsal durchmachen, bevor der HErr in seiner Barmherzigkeit und Treue wider die ungöttliche Feindschaft der Heidenwelt zu Gunsten seines Volkes einschreitet und dasselbe aus tiefster Erniedrigung zu der ihm von Anfang an zugedachten und verheißenen hohen Bestimmung: Mittelpunkt der Völkerwelt, Quellpunkt des geistlichen Segens für die Völker zu werden durch eine majestätische That der Erlösung erhebt, eine Gnade, an der auch die Überreste der zehn Stämme Anteil haben werden.

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 3. Das Buch Michas enthält so viel Anklänge an Jesaja, daß man seinen Verfasser den kleineren Zwillingsbruder seines großen Zeitgenossen nennen könnte; sein Buch ist im wesentlichen eine kurze Zusammenfassung der vom Ergehen des Reiches Juda handelnden Reden Jesajas; die Heidenvölker zieht er im Unterschied von dem universalen, so zu sagen kosmopolitischen Jesaja nicht in den Kreis seiner Betrachtung; das eigene Volk nimmt sein ganzes Interesse in Anspruch (vergleiche c. 4, 5; 7, 14); auf diesem also beschränkten Gebiet aber berührt er sich nahe mit Jesaja. Nicht bloß die Weissagung vom Friedensreich Jes. 2 kehrt bei Micha wieder, sondern auch die von der babylonischen Gefangenschaft vgl. Micha c. 4, 9. etc. und der Errettung aus derselben, vgl. c. 4, 13 mit Jes. 41, 14–16.