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soll sich erklären, was ihm das Hirtenamt Jehovas wert ist. Israel achtet seinen Hirten so gering als einen Sklaven, es beut ihm Sklavenlohn. Den wirft der Hirte weg, und es hört nun das Hirtenamt für Israel ganz auf (12–14). Jetzt bricht eine lange Drangsalszeit über Gottes Volk herein. Der thörichte, d. i. nichtswürdige Hirte, dem das Volk übergeben wird, die römische Weltmacht, frißt das Volk auf und empfängt dafür zuletzt selbst den Fluch (15–17). Dieses nächstbevorstehende Gericht (durch die Römer) schauen wir eben in der 11, 1–3 geschilderten Verwüstung.[1]

 2. Die heilige Stadt und des HErrn Herrlichkeit 12, 1–14, 21.

 Jerusalem ist schließlich wieder eingenommen vom Volke Gottes. Da kommt die letzte Drangsal: die Völkerwelt versucht noch einmal, es zu stürzen. Aber des HErrn Kraft ist in seinen Schwachen mächtig (12, 2–8). Woher aber diese Gnade? Israel thut Buße für die Verwerfung seines Heilandes (9–14). Alle Ärgernisse werden aus der nun heiligen Gemeinde Israels weggethan (13, 1–6). Wer aber ist dies Volk? Es ist der durch lange Trübsal geläuterte Überrest der nach dem Morde des großen Hirten Israels in alle Welt versprengten Herde (7–9). Jener geweissagte große Triumph erfolgt erst nach vorausgehender schwerster Bedrängnis: die antichristische Welt macht sich zum Streit wider Gottes Volk auf; da tritt noch einmal eine Sichtung ein im Volke Gottes durchs Schwert der Völker (14, 1 f.), aber nach derselben streitet der HErr selbst für sein Volk und schafft ihm ein Entrinnen (3–5). Es bricht die volle Heilszeit an: der HErr wohnt im Lande, es ist heilig (6–11). Grauenhaft ist das Gericht über die Feinde. Sie vertilgen sich selbst (12–13), Juda siegt über sie und nimmt ihnen alles ab (14–15). Jerusalem aber ist nun die Stadt Gottes in der Welt, zu welcher die Völker kommen müssen, um mit ihr den HErrn anzubeten. Jerusalem ist vollendet in Heiligkeit, auch der letzte Anstoß (Josua 9, 16–21) ist hinweggetilgt (Ezech. 44, 6–9).


§ 56.
12. Maleachi.

 1. Maleachi (des HErrn Bote) weissagt, aus seiner mit Neh. 13, 6 ff. übereinstimmenden Beschreibung von dem Volke zu schließen, zur Zeit des zweiten Aufenthalts des Nehemia in Jerusalem (433). Die Zeit war trotz eines Esra und Nehemia doch eine traurige, der erste Eifer war erkaltet, vor allem bei den Priestern, aber auch beim Volk. Die gottesdienstlichen Anfänge waren ja wohl


  1. Sach. c. 910 verhält sich zu c. 11 so, daß jener erste Abschnitt sagt, wie es Gott mit Israel von Anfang an gemeint, und zuletzt auch hinausführt, und der andere, wie Israel Gottes Ratschluß zu nichte und durch Verwerfung seines Heilandes neue Gerichte nötig macht und seine Heilszukunft selbst hinausschiebt. Die Erscheinung Jesu Christi und Israels Verhalten gegen ihn ist der Schlüssel zum Verständnis von Sacharja c. 9–11.